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🗞 47/2024

Wenn Fettzellen sich erinnern · Forschungsprojekt soll Abstoßung von Spenderhaut verhindern · Energy Drinks: "Die Dosis macht das Gift" · Überraschend: lebenslanges Gefäßwachstum im alternden Körper entschlüsselt · Charité klagt gegen Berichterstattung

Mirjam Bauer Karl-Richard Eberle

📌 5 weekly picks

1 📌 Wenn Fettzellen sich erinnern, hilft auch keine Diät

Epigenetische Markierungen sind chemische Veränderungen, die an der DNA oder an den Proteinen, die die DNA umgeben, stattfinden. Sie beeinflussen, wie Gene aktiviert oder deaktiviert werden, ohne die zugrunde liegende DNA-Sequenz zu verändern. Sie bleiben über viele Jahre, mitunter Jahrzehnte, stabil. In dieser Zeit bestimmen sie wesentlich mit, welche Gene in unseren Zellen aktiv sind und welche nicht. Forschende der ETH Zürich haben nun herausgefunden, dass Fettzellen ein epigenetisches Gedächtnis für Fettleibigkeit besitzen; diese Langzeitfunktion könnte für den berüchtigten Jo-Jo-Effekt ursächlich sein. Denn Fettleibigkeit führt eben zu charak­teristischen epigenetischen Markierungen im Kern der Fettzellen, die auch nach einer Diät oder nach einer Magenverkleinerung bestehen bleiben. «Die Fettzellen erinnern sich an den übergewichtigen Zustand und können leichter in diesen zurückversetzt werden», sagt Ferdinand von Meyenn, Professor für Ernährung und metabolische Epigenetik. Derzeit sei es nicht möglich, die epigenetischen Markierungen im Zellkern mit Medikamenten zu verändern und damit das epigenetische Gedächtnis zu löschen. «Vielleicht wird das in Zukunft möglich werden», sagt Laura Hinte, Doktorandin in der Gruppe von Ferdinand von Meyenn. «Aber vorerst müssen wir mit diesem Gedächtniseffekt leben.» Von Meyenn ergänzt:

«Gerade weil es den Gedächtniseffekt gibt, ist es so wichtig, Übergewicht von vornherein zu vermeiden."

Die Studie wurde in nature publiziert.

Zur Meldung der ETH Zürich

Zur Berichterstattung in nature

Zur Originalstudie

2 📌 Forschungsprojekt soll Abstoßung von transplantierter Spenderhaut verhindern

Wenn Menschen schwere Verbrennungen erleiden, muss die zerstörte Haut möglichst schnell ersetzt werden. Im Idealfall werden die Wunden mit patienteneigener Haut aus gesunden Körperstellen versorgt. Oft reicht das Gewebe jedoch nicht aus, um diese Hautdefekte abzudecken. In diesem Fall greifen die Chirurginnen und Chirurgen auf biologischen und synthetischen Hautersatz zu, der die Wunde zumindest vorübergehend abdeckt. Bisher ist es jedoch nicht gelungen, einen vollwertigen Hautersatz herzustellen, der überall einsetzbar ist und keine Abstoßungsreaktionen hervorruft.

Seit 2019 arbeiten Professor Dr. Peter M. Vogt, Direktor der Klinik für Plastische, Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und sein wissenschaftliches Team daran, ein Transplantat aus menschlicher Spenderhaut so zu verändern, dass die unerwünschte Immunreaktion der Brandverletzten nach der Operation optimal in Schach gehalten wird und ohne die komplette Abwehrkraft des Körpers lahmzulegen. Das Projekt „Entwicklung eines US11-Biopharmazeutikums zur lokalen Unterdrückung der Immunantwort nach Transplantation“ wird von der VHV-Stiftung gefördert und erhält nun für weitere drei Jahre eine Anschlussförderung in Höhe von rund 770.000 Euro. Das Medikament könnte in Zukunft die Abstoßung von Transplantaten aus Spenderhaut unterdrücken, ohne das gesamte Immunsystem zu beeinflussen.

Zur Pressemitteilung der MHH

3 📌 Energy Drinks: "Die Dosis macht das Gift"

Energy-Drinks sind bei Ärzten und Ernährungsexperten nicht gerne gesehen, schon gar nicht, wenn Jugendliche und junge Erwachsene sie konsumieren. Neben dem hohen Zuckergehalt gilt vor allem das enthaltene Koffein als bedenklich. Eine aktuelle Studie zu den Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System der jungen Konsumenten stützt die Bedenken. Demnach steigt bei gesunden Jugendlichen der Blutdruck schon nach dem Konsum einer gewichtsadaptierten Menge eines Energy Drinks an und der Herzrhythmus kann sich verändern. Das sind Erkenntnisse aus der aktuellen EDUCATE-Studie („Energy-Drinks: Unexplored Cardiovascular Alterations in Teens and Twens“). Die Ergebnisse seiner Untersuchungen lassen für Dr. Felix S. Oberhoffer von der Abteilung Kinderkardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin am LMU Klinikum München nur den den dringenden Schluss zu, das Konsumverhalten schnellstens umzustellen:

„Kindern und Jugendlichen sollte vom Konsum von Energy Drinks abgeraten werden, insbesondere dann, wenn ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko besteht, etwa eine abgeheilte Herzmuskelentzündung, ein korrigierter angeborener Herzfehler, Bluthochdruck, Diabetes oder Übergewicht vorliegen, oder beispielsweise ein ADS-Medikament genommen wird.“
Dr. Felix S. Oberhoffer

Auch Prof. Dr. KR Julian Chun, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Herzstiftung und Kardiologe am Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB), Frankfurt am Main, spricht sich für deutlich mehr Aufklärung der jungen Menschen aus. Stress und exzessive körperliche Aktivität könnten negative gesundheitliche Auswirkungen der Drinks verstärken, warnt er.

„Die Dosis macht das Gift!“.

Eine Dose (250ml) eines Energy-Drinks enthalte 32mg/100ml Koffein, das sind 80mg Koffein pro Dose. Bei Kindern und Jugendlichen sollte jedoch der Konsum von maximal 3 mg Koffein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag nicht überschritten werden, so die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Für die Praxis heißt das: Schon mit zwei kleinen Dosen (250ml) eines Energy-Drinks liegt ein Teenager mit 50 kg Körpergewicht über diesem Limit. Viele Kinder und Jugendliche konsumieren im Alltag deutlich mehr der Süßgetränke. Im Handel zunehmend üblich sind Dosen mit 500 ml Inhalt.

Ein Koffeinschock ist eine plötzliche und starke Reaktion auf eine sehr hohe Dosis an Koffein. Er kann eine Vielzahl von Symptomen verursachen, die in der Regel Unwohlsein und Müdigkeit ähneln, aber auch schwerwiegende Folgen haben können. Koffeinschocks sind bei Menschen mit einer Nierenerkrankung oder mit Diabetes besonders gefährlich. Die häufigsten Symptome einer solchen Überdosierung sind Schwindel, Erbrechen, extreme Müdigkeit, Herzrasen, Atemnot und Tachykardie (schneller Herzschlag). Die Anzeichen variieren je nach Person.
Quelle: Coffeeannan.com
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Originalstudie
Oberhoffer F.S. et al. Energydrinks und ihre Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Funktion bei Kindern und Jugendlichen. Monatsschrift Kinderheilkunde online
https://www.researchgate.net/publication/371938253_Energydrinks_und_ihre_Auswirk...

Zum PDF

Zur Meldung der Herzstiftung

4 📌 Lebenslanges Gefäßwachstum in einem alternden Körper

Blutgefäße und Stromazellen im Knochenmark schaffen eine ideale Umgebung für hämatopoetische Stammzellen, um Blutzellen zu produzieren. Mit zunehmendem Alter verschlechtern sich diese kritischen Nischenkomponenten und das Knochenmark bildet weniger gesunde Blutzellen, was zu Entzündungen und Krankheiten führt. Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin in Münster haben nun entdeckt, dass das Schädelknochenmark eine überraschende Ausnahme darstellt und die Blutproduktion während des Lebens sogar erhöht. Spezialisierte Blutgefäße wachsen weiter und treiben die Expansion des Schädelknochenmarks an – ein einzigartiger Fall von lebenslangem Gefäßwachstum im alternden Körper. Offenbar besitzt das Knochenmark des Schädels ganz besondere Eigenschaften, die es ihm ermöglichen, sich im Erwachsenenalter kontinuierlich zu vergrößern und ein Leben lang erstaunlich widerstandsfähig gegen Alterungserscheinungen zu bleiben.

Die interdisziplinäre Studie wurde in Zusammenarbeit mit Young Jun Choi vom Asan Medical Center, Peter Vajkoczy von der Charité-Universitätsmedizin Berlin und Daniela S. Krause von der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt.

Zur Originalmeldung des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin in Münster

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Originalpublikation
Adult skull bone marrow is an expanding and resilient haematopoietic reservoir
Bong Ihn Koh, Vishal Mohanakrishnan, Hyun-Woo Jeong, Hongryeol Park, Kai Kruse, Young Jun Choi, Melina Nieminen-Kelhä, Rahul Kumar, Raquel S. Pereira, Susanne Adams, Hyuek Jong Lee, M. Gabriele Bixel, Peter Vajkoczy, Daniela S. Krause, Ralf H. Adams

https://www.nature.com/articles/s41586-024-08163-9

5 📌 Herzschwäche in jungen Jahren

Herzschwäche bei Jüngeren: häufig verursacht durch eine Herzmuskelentzündung als Folge einer Virusinfektion. Wie man sich vor einer Myokarditis schützt und mit welchen Warnzeichen sich ein Infekt mit Herzbeteiligung zeigen kann, erläutert die Herzstiftung.

Bei der Myokarditis entzünden sich Zellen des Herzmuskels, in den meisten Fällen durch virale Infektionen. In jedem dritten Fall gelingt es dem Körper nicht, die Entzündung selbst zu kontrollieren. Der Herzmuskel vernarbt und kann nur noch eingeschränkt Blut pumpen. „Es kommt dann zur Herzinsuffizienz, die sich mit Symptomen wie Kurzatmigkeit schon bei geringer Anstrengung, Leistungseinschränkung und Wassereinlagerungen in Beinen oder Bauch bemerkbar macht. Wer an einer Myokarditis erkrankt und rechtzeitig in Behandlung ist, kann allerdings durch konsequente Therapie und Schonung meist eine Herzschwäche vermeiden“, so Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung vom AGAPLESION BETHANIEN Krankenhaus in Frankfurt.

Meist sind akute Virusinfekte sowohl bei Frauen als auch bei Männern Auslöser einer Herzmuskelentzündung. Jüngere Männer erkranken häufiger und schwerer. Typische Erreger sind vor allem das Parvovirus B 19 und Herpes Viren, seltener Influenza (Grippe)- und Coxsackie-Viren. Auch eine Coronavirus-Infektion kann das Herz angreifen und in einigen Fällen zu einer Myokarditis führen.

Weitere Informationen zum Thema auf den Seiten der Deutschen Herzstiftung

PLUS …

Berliner Charité verklagt RTL und Stern nach Undercover-Recherche

Nach einer Investigativ-Reportage des Senders „RTL“ und des Magazins „Stern“ über mutmaßliche Missstände an der Berliner Charité hat die Klinik jetzt Klage gegen die Berichterstattung eingereicht. In einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung spricht das Universitätskrankenhaus von einer „vielfachen Verkennung der medizinischen Sachverhalte“ und bezeichnet die im Bericht erhobenen Vorwürfe zum Teil als „unberechtigt“.

Klinikchef Heyo Kroemer hatte laut Tagesspiegel die Reportage von „RTL“ und „Stern“ im Wissenschaftsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses im September stellenweise als „irreführend, überzogen oder falsch“ bezeichnet. Er kritisierte, dass das Fernsehteam einen sterbenden Mann gefilmt hatte – im TV-Beitrag waren Personal und Patient:innen verpixelt zu sehen.

Zu Stellungnahme der Charité und des Artikels im Tagesspiegel

💬 Über unseren Tellerrand

1️⃣  Mehr Moos in die Forschung!

Moose wachsen nahezu überall. Mit mehr als 20.000 Arten stellen Moose die zweitgrößte Gruppe aller Landpflanzen dar. Sie sind weit verbreitet und auf allen Kontinenten zu Hause. Für die entsprechenden Ökosysteme übernehmen sie dabei eine Reihe wichtiger Funktionen.

Aber trotz der Verbreitung der Moose werden sie in der derzeitigen Forschungslandschaft sträflich vernachlässigt. Das ist die Ansicht von sechs Forschenden aus Dänemark, Deutschland und Schottland, die jetzt einen Appell gestartet haben: „Moose sind ein elementarer Bestandteil des Nährstoffzyklus sowie des Wasserkreislaufs, sie regulieren die Temperatur des Bodens und haben so enormen Einfluss auf die dort lebenden Mikroben, deren Lebensbedingungen und das gesamte Ökosystem. Zudem dienen sie als CO2-Speicher.“, begründet Initiator Till Deilmann von der Friedrich-Schiller-Universität Jena die Aufforderung, den wichtigen Bereich der Moose stärker in den Fokus von Forschung zu rücken. „Als Nachwuchswissenschaftler, die eine auf Moose ausgerichtete Forschungsarbeit betreiben, wollen wir uns dafür einsetzen, das Profil dieser wichtigen Gruppe zu schärfen, indem wir die zu überwindenden Hindernisse, aber auch mögliche Lösungen aufzeigen, wie wir sie als ökologische Gemeinschaft überwinden können.“

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Zu der Publikation
T. J. Deilmann, D. M. Christiansen, M. García Criado, T. Möller, M. Schüle, A. Täuber: „Early Career Researchers advocate for raising the profile of bryophyte ecological research“, Basic and Applied Ecology, 2024
https://doi.org/10.1016/j.baae.2024.11.001

📣 Ankündigungen

1️⃣  24. Kongress der Deutschen Intersisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. - DIVI24

Motto: “Kompetenz im Team: Innovation trifft Erfahrung”

Auf dem DIVI-Kongress werden mehr als 6.000 Teilnehmende aus allen Bereichen der Intensiv-, Notfall- und Rettungsmedizin erwartet, 550 Referenten sind registriert, 233 Abstracts angenommen und mehr als 220 Aussteller und Partner werden ihre Innovationen vorstellen.

Kompetenz im Team: Innovation trifft Erfahrung

📅  wann: 4. bis 6. Dezember 2024 in Hamburg

📍wo: Congress Centrum Hamburg (CCH)

Zum Kongressprogramm

2️⃣ 26. Kongress der Arbeitsgemeinschaft Endoprothetik

Motto: Endoprothetik der Zukunft - zwischen personalisierter Versorgung und Fließband

📅  wann: 5. bis 6. Dezember 2024

📍wo: Internationales Congress Center Dresden

Zum Kongressprogramm

Zum Programm als PDF

🤕 IchalsPatient

Herzwochen 2024: Einladung zum Patientenkongress

Was sind die Ursachen und die Symptome einer Herzschwäche und wie wird sie behandelt? Welche Rolle spielen Herzschrittmacher und Defibrillatoren? Und sollte man nun mit einer Herzschwäche Sport treiben, saunieren oder reisen? Anlässlich der Herzwochen der Deutschen Herzstiftung e. V., die in diesem Jahr unter dem Motto „Stärke Dein Herz!“ stehen, werden im November bundesweit Veranstaltungen zur Herzgesundheit angeboten. Wie aber eine Herzschwäche erkennen? Zu dieser Thematik sowie Behandlungs- und Therapiekonzepten referieren MINQ-Spezialist Prof. Dr. Stephan Achenbach und sein Team der Medizinischen Klinik 2 – Kardiologie und Angiologie

Der Eintritt ist kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Zum Programm des Patientenkongresses

📅  wann: 28. November 2024, von 17.00 bis ca. 19.00 Uhr

📍wo: Uniklinik Erlangen, in den Hörsälen Medizin, Ulmenweg 18, 91054 Erlangen


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