🗞 46/2023
Berührungen der Haarfollikel setzen Serotonin frei · DFG vertieft Zusammenarbeit mit israelischer Forschungsgemeinschaft · Brustkrebsrisiko nach falsch-positiven Diagnosen
📌 5 weekly picks
1 📌 Berührungen können Glückshormon Serotonin freisetzen
Wissenschaftler am Imperial College in London haben eine interessante Entdeckung gemacht: Haarfollikelzellen können - als Reaktion auf taktile Reize, Bewegungen oder Berührungen - im Gehirn die Neurotransmitter Histamin und Serotonin freisetzen, also jene chemischen Botenstoffe, die mit körperlichen Phänomenen wie Entzündungen und Muskelkontraktionen oder Stimmungsveränderungen in Verbindung gebracht werden.
“Mithilfe elektrochemischer Analysen an menschlichen Haarfollikelpräparaten in vitro konnten wir zeigen, dass Zellen der äußeren Wurzelscheide als Reaktion auf mechanische Stimulation ATP und die Neurotransmitter Serotonin und Histamin freisetzen.” Quelle: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adh3273
Diese Beobachtung liefert eine wissenschaftliche Erklärung, warum sanfte Berührungen der Haare zum Beispiel durch Streicheln ein angenehmes Gefühl und eine positive Stimmung auslösen können. Sie ist ein laut Aussagen der Forschenden Grundstein für zukünftige Studien, um die Rolle von Haarfollikeln sowohl bei der physischen als auch bei der affektiven Berührungsempfindung zu beurteilen.
2 📌 DFG vertieft Zusammenarbeit mit israelischer Forschungsgemeinschaft
Die weltweiten Proteste über den Militäreinsatz Israels im Gazastreifen halten an. Da ist es ein deutliches Signal, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit ihrer israelischen Partnerorganisation Israel Science Foundation (ISF) eine Vertiefung ihrer Zusammenarbeit vereinbart hat. Das geplante Abkommen soll die gemeinsame Förderung deutsch-israelischer Forschungsprojekte ermöglichen und die Grundlage zur Ausarbeitung eines bilateralen Begutachtungsverfahrens bilden.
Professorin Dr. Katja Becker, Präsidentin DFG
Außerdem bietet die DFG allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in geförderten Projekten, die in der betroffenen Region stattfinden oder deren Arbeiten von der Kooperation mit Partnerinnen und Partnern in der Region abhängen, auch gezielte Unterstützungs- und Entlastungsmaßnahmen an.
Professorin Dr. Katja Becker, Präsidentin DFG
3 📌 Trügerische Sicherheit : Brustkrebsrisiko ist nach falsch-positiver Mammographie langfristig erhöht
Ein falsch-positiver Befund bei der Mammographie bedeutet für eine Patientin, dass sich der Verdacht auf eine Brustkrebserkrankung in den Nachuntersuchungen nicht bestätigt hat. Das bedeutet für die betroffenen Frauen eine Erleichterung , da keine Krebserkrankung diagnostiziert wurde. Allerdings zeigt eine Analyse eines schwedischen Brustkrebs-Screenings in JAMA Oncology, dass diese Frauen dennoch ein erhöhtes Risiko auf ein Mammakarzinom haben.
Die Gründe für dieses erhöhte Risiko sind noch nicht vollständig verstanden, aber es wird vermutet, dass biologische und genetische Faktoren eine Rolle spielen könnten.
Bedeutung: Die Studie legt nahe, dass das Bewusstsein für Brustkrebs bei Frauen mit einem falsch positiven Mammographie-Ergebnis langfristig gestärkt werden sollte; die Entwicklung von personalisierten Überwachungsprogrammen speziell für diese betroffenen Frauen ist empfohlen.
Quelle: Mao X, He W, Humphreys K, et al. Breast Cancer Incidence After a False-Positive Mammography Result. JAMA Oncol. Published online November 02, 2023. doi:10.1001/jamaoncol.2023.4519
Insgesamt verdeutlicht die Analyse des schwedischen Brustkrebs-Screenings die Bedeutung einer sorgfältigen Interpretation von Mammographie-Ergebnissen und der angemessenen Begleitung der betroffenen Frauen. Es ist entscheidend, dass sowohl medizinisches Fachpersonal als auch Patientinnen sich der möglichen Konsequenzen eines falsch-positiven Ergebnisses bewusst sind und gemeinsam die bestmöglichen Entscheidungen treffen, um das individuelle Brustkrebsrisiko zu managen.
Zur Originalstudie in JAMA Oncology
4 📌 Wie kommt es im Gehirn zur "Phantomwahrnehmung" Tinnitus?
Tinnitus ist eine Erkrankung, bei der die Betroffenen Geräusche wie ein Klingeln oder Pfeifen wahrnehmen, ohne dass es eine äußere Geräuschquelle gibt. Das wird als Phantomwahrnehmung bezeichnet und belastet die Erkrankten stark.
Ein internationales Forschungsteam um Dr. Schilling und Dr. Krauss von der Cognitive Computational Neuroscience Group der Universität Erlangen-Nürnberg hat zusammen mit Neurowissenschaftler:innen in den USA, Kanada, Großbritannien das Zusammenspiel zweier zentraler Prozesse identifiziert, das Phantomwahrnehmungen wie den Tinnitus auslöst. Dadurch kann es dazu kommen, dass das Gehirn ein selbst generiertes Rauschen als realen Ton interpretiert, obwohl es sich nur um ein „Verstärkersignal“ handelt. Das neue Modell erklärt auch, warum Tinnitus oft mit einer Überempfindlichkeit gegenüber leisen Tönen einhergeht, die als Hyperakusis bezeichnet wird: Das Gehirn verstärkt die schwachen Signale.
Die Entwicklung des neuen Modells, betonen die Wissenschaftler, wurde erst durch die Verschmelzung der Forschungsbereiche Computational Neuroscience, KI und Experimentelle Neurowissenschaften maßgeblich ermöglicht.
Zur Pressemeldung der Universität Erlangen-Nürnberg
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-67179-5
5 📌 Was uns die "Handgreifkraft" verrät
Die allgemeine Muskelkraft des Körpers kann verlässlich durch die Messung der sogenannten Handgreifkraft mit einem Dynamometer abgebildet werden. In einer Analyse mit 200.389 Teilnehmer:innen der großen NAKO Studie im Alter von 19 bis 75 Jahren stellte das Forschungsteam fest, dass die Handgreifkraft im Alter von 20 bis ca. 40 Jahren ansteigt und dann konstant abnimmt, bei Männern stärker als bei Frauen. Wenn die Handgreifkraft unterhalb eines bestimmten Grenzwertes liegt, besteht der Verdacht auf das Vorliegen einer sogenannten Sarkopenie.
ℹ️ Die NAKO Gesundheitsstudie
- NAKO (Nationale Kohorte) ist eine Langzeit-Bevölkerungsstudie (Dauer 20-30 Jahre). Sie wird von einem Netzwerk deutscher Forschungseinrichtungen, bestehend aus der Helmholtz-Gemeinschaft, den Universitäten und der Leibniz-Gemeinschaft, organisiert und durchgeführt.
- Ziel der Studie ist es, den Ursachen für die Entstehung von Volkskrankheiten, wie beispielsweise Krebs, Diabetes, Infektionskrankheiten und Herzinfarkt auf den Grund zu gehen.
Für Männer lag der kritische untere Grenzwert bei 29 kg, für Frauen bei 18 kg. Diese Angaben können auch als Warnzeichen gelten für das Vorliegen einer bisher unerkannten Sarkopenie. Das ist auch deshalb bedeutsam, weil in einer älteren Kohortenstudie bereits festgestellt wurde, dass ältere Personen mit einer Handgreifkraft unterhalb dieser Grenzwerte ein erhöhtes Sterberisiko hatten.
Marie-Theres Huemer, Institut für Epidemiologie, Helmholtz Zentrum München
💬 Über den Tellerrand
🚧 Baustelle: Die deutsche Verwaltung bleibt - weitgehend - analog
Ursprünglich sollten bis Ende des vergangenen Jahres 575 öffentliche Dienstleistungen online verfügbar sein, um Bürger:innen und Unternehmen von lästigen Behördengängen zu entlasten. Neun Monate nach Ablauf dieser Frist sind nur 145 dieser Angebote deutschlandweit online zugänglich, lediglich neun mehr als im vorherigen Quartal. Das hat die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) in ihrer Studie “Digimeter” festgestellt. Damit sei lediglich ein Viertel aller Vorhaben, die bis 2022 hätten umgesetzt werden sollen, heute Realität.
💻 Digitale Veranstaltung: Online-Aufklärung zur Endometriose
Endometriose ist eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen überhaupt. Weil sich Symptome oft wesentlich unterscheiden, bleibt die Endometriose vielfach unerkannt oder wird erst nach Jahren diagnostiziert. Dennoch gibt es Leitsymptome, die besonders häufig auf eine Erkrankung hinweisen. Zu ihnen zählen (starke) Regelschmerzen oder ein unerfüllter Kinderwunsch. Daneben treten aber auch oft diffuse Unterbauchbeschwerden, Schmerzen beim Wasserlassen und dem Geschlechtsverkehr, Erschöpfung oder weicher Stuhlgang / Durchfall auf. Aufklärung ist deshalb wichtig!
Die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD) lädt daher unter dem Motto Schmerzhafte Tage? Nicht die Regel! zu einer digitalen Informationsveranstaltung ein. Expert:innen berichten zu Themen rund um Diagnose, Therapie, Kinderwunsch, Ernährung und Selbsthilfe bei Endometriose.
📅 Dienstag, 21. November 2023, ab 18.00 Uhr
Technische Hinweise für die Teilnahme: Die Teilnahme ist kostenlos und entweder über Computer, Tablet, oder Smartphone möglich.
Für den Online-Informationstag nutzt die Universitätsfrauenklinik die Kommunikationsplattform Microsoft Teams.
🎧 MINQs Hörtipps
DLF : "Geschlechtsspezifische Ungleichheiten in Forschung und Praxis"
Nachhören DLF: "Geschlechtersensible Medizin nützt allen"
DLF vom 06. November 2022
MINQ's weekly picks Newsletter
Melden Sie sich kostenlos an, um die neuesten Updates in Ihrem Posteingang zu erhalten