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🗞 33/2024

HIV verrät seine Gegenspieler · Depressionen nach Olympia: Hohe Dunkelziffer · DLR-Studie: Alkohol im Flugzeug macht krank · Suizidalität in der Langzeitpflege · Livestream aus dem Krankenzimmer?

Mirjam Bauer Karl-Richard Eberle

📌 5 weekly picks

1 📌 HIV verrät seine Gegenspieler

Viele zelluläre Proteine schützen uns vor viralen Infektionen und können diese meist verhindern oder effektiv kontrollieren. Welche dieser sogenannten antiviralen Faktoren am wirksamsten sind und warum sie bei manchen Viren - wie HIV-1 oder SARS-CoV-2 - weitgehend versagen, ist aber bislang noch wenig verstanden. Gemeinsam mit Kollegen der LMU München gelang es Wissenschaftler:innen am Institut für Molekulare Virologie des Universitätsklinikums Ulm erstmals, HI-Viren herzustellen, die ihre Gegenspieler verraten.

Viren sind Meister der Anpassung und Sabotage. Durch ihre rasche Vermehrung, gepaart mit hoher Variabilität und enormer Anpassungsfähigkeit, sind Viren wie zum Beispiel HIV-1 und SARS-CoV-2 besonders wirkungsvoll. Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften gelingt es ihnen, die Immunabwehr des Menschen effektiv zu umgehen oder auszuschalten. „Im Rahmen der Studie haben wir zusammen mit Kollegen eine neue Methode entwickelt, um HIV-1 so zu verändern, dass das Virus selbst die antiviralen Mechanismen preisgibt“, erklärt Prof. Dr. Frank Kirchhoff, Leiter des Instituts für Molekulare Virologie am UKU. Dazu wurde die sogenannte CRISPR/Cas9 Methode, bei der gezielt Gene ausgeschalten werden, mit der enormen Anpassungsfähigkeit von HIV-1 kombiniert. Bei diesem Verfahren werden vermehrungsfähige HI-Viren mit Genscheren ausgestattet, die es ihnen ermöglichen, jeweils genau einen antiviralen Faktor auszuschalten. Gleichzeitig verrät die Genschere dabei, welchen Faktor sie zum Ziel hat.

„Wir haben über 1.600 dieser Viren hergestellt und sie gegen das angeborene Immunsystem einer Zelle antreten lassen. Die ‚Gewinner-Viren‘, also diejenigen, die sich am schnellsten in Zellkultur vermehren, weil sie einen wichtigen Verteidigungsfaktor ausschalten, erlauben es uns, ihre zellulären Gegenspieler zu enthüllen“, so der Virologe Prof. Dr. Konstantin Sparrer vom UKU.

Weiterlesen auf den Seiten der UKU

Zur Original-Studie in Nature

2 📌 Depressionen nach Olympia: Hohe Dunkelziffer unter den Teilnehmer:innen

Olympia ist gerade vorbei. Und jetzt? Diese Frage stellen sich sowohl Gewinner als auch Verlierer der Spiele, wenn diese vorbei sind. Die Psychologin Marion Sulprizio von der Deutschen Sporthochschule in Köln geht davon aus, dass es bei Depressionen nach Olympia eine hohe Dunkelziffer unter den Teilnehmern gibt.

„Es ist das berühmte Eisbergmodell. Man sieht ein paar Leute, die darüber sprechen, aber den größeren Teil sieht man nicht“, so Sulprizio.

Nach Ansicht der Expertin gibt es viele Möglichkeiten, die helfen können, nach Olympischen Spielen eben nicht in ein Loch zu fallen: “Für die Sportler:innen ist es wichtig, das Mindset auf das, was kommt, vorzubereiten“, sagt Sulprizio. „Die Angebote gibt es. Die Nutzung ist noch nicht optimal, da ist Luft nach oben.“

Immer häufiger berichten Sportler von ihren mentalen Problemen nach Olympia, vermutlich noch mehr aber schweigen. „Das Thema der Post-Olympic-Depression ist für viele Sportler und Sportlerinnen ein Tabuthema. Aber das ist bei vielen psychischen Erkrankungen der Fall. Die Sorge vor einer Stigmatisierung ist groß“, berichtete Sulprizio, die Geschäftsführerin der Koordinationsstelle MentalGestärkt ist.

Weiteres zur Post-Olympic-Depression auf den Seiten des Ärzteblatts

3 📌 DLR-Studie: Alkohol im Flugzeug kann Gesundheit schlafender Passagiere beeinträchtigen

Eine kürzlich in der Zeitschrift „Thorax“ veröffentlichte Studie des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin zeigt, dass das Trinken von Alkohol in Kombination mit dem an Bord herrschenden, erniedrigten Kabinendruck die Gesundheit von schlafenden Passagieren gefährden kann. Die Studie des Teams um PD Dr. med. Eva-Maria Elmenhorst von der Abteilung Schlaf und Humanfaktoren des DLR-Instituts für Luft und Raumfahrtmedizin ist die erste Studie, die diese Zusammenhänge untersucht hat. Der Kabinendruck in Reiseflughöhe entspricht etwa dem Luftdruck auf einem Berg in 2438 Meter Höhe über dem Meeresspiegel.

„Die Kombination aus Alkohol, Schlaf und den erniedrigten Druckbedingungen in einer Flugzeugkabine während eines Langstreckenflugs senkt die Sauerstoffmenge im Blut und erhöht die Herzfrequenz über einen längeren Zeitraum, selbst bei jungen und gesunden Menschen“, so Eva Elmenhorst. „Größere Alkoholmengen als die, die in der Studie verwendet wurden, könnten diese Effekte noch verstärken, insbesondere bei älteren Passagieren und solchen mit Vorerkrankungen.“ Die Wissenschaftler:innen wiesen sogar darauf hin, dass eine Beschränkung des Zugangs zu Alkohol an Bord von Langstreckenflügen diskutiert werden sollte. Der atmosphärische Druck nimmt mit der Höhe exponentiell ab und verursacht einen Abfall der Sauerstoffsättigung, erklären die Forschenden.

An der Studie nahmen 48 Personen im Alter zwischen 18 und 40 Jahren teil; sie wurden nach Zufall in zwei Gruppen eingeteilt, die nach Alter, Geschlecht und Gewicht (BMI) stratifiziert waren. Die eine Hälfte hielt sich in einem Schlaflabor mit normalem Umgebungsdruck (Meereshöhe), die andere Hälfte in einer Höhenkammer auf. In der Höhenkammer wurde der Kabinendruck in Reiseflughöhe (2438 m über dem Meeresspiegel) simuliert. Die Hälfte jeder Gruppe schlief vier Stunden, ohne Alkohol getrunken zu haben, während die andere Hälfte vier Stunden schlief, nachdem sie Alkohol getrunken hatten. Die Alkoholmenge war vergleichbar mit zwei Dosen Bier (5 % Alkoholgehalt) oder zwei Gläsern Wein (175 ml, 12 % Alkoholgehalt). Der Schlaf, der Sauerstoffgehalt im Blut und die Herzfrequenz der Probandinnen und Probanden wurde kontinuierlich überwacht. Dieser Nacht folgten mindestens zwei Erholungsnächte und eine weitere Nacht, in der die Versuchsbedingungen umgekehrt wurde.

Weiteres zur Studie auf den Seiten der DLR

Zur Original-Publikation Effects of moderate alcohol consumption and hypobaric hypoxia: implications for passengers’ sleep, oxygen saturation and heart rate on long-haul flights in Thorax

4 📌 Gewalt gegen Ärzte: So schlimm ist es in Praxen und Kliniken

Die Gewalt in Praxen und Kliniken nimmt zu. Die Stimmung ist aggressiv, auch das nicht-ärztliche Personal in Praxen und Kliniken wird häufiger bedroht oder sogar attackiert. KBV-Chef Andreas Gassen spricht von einer “sich immer öfter eskalierenden Lage”.

Aber gibt es auch valide Statistiken zu den Vorfällen? Oder handelt es sich um einzelne Erlebnisberichte. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung räumt ein, dass sie keine aktuellen Zahlen vorlegen kann. Deren Sprecher Roland Stahl erklärt gegenüber ZDFheute, Gassen beziehe sich auf die Erfahrungsberichte der Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder und von Berufsverbänden, die im direkten Kontakt mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten stünden. "Die spiegeln uns das wider. Das sind natürlich zunächst subjektive Berichte - aber die nehmen ständig zu."
Die Kolleg:innen von ZDFheute haben das Thema jetzt in einem umfassenden Überblick mit Kurzbeiträgen zusammengestellt.

5 📌 Suizidalität in der Langzeitpflege: Forschungsprojekt entwickelt Leitlinie zur Suizidprävention

Der Umgang mit Todes- und Suizidwünschen älterer Menschen stellt in der Langzeitpflege eine Herausforderung dar. Es fehlen Handlungsempfehlungen zum Umgang mit solchen Situationen. Ein neues Forschungsprojekt soll dies ändern.

Egal, ob in der ambulanten Pflege oder im Pflegeheim – Pflegekräfte werden oft als erste Ansprechpersonen älterer Menschen mit Todeswünschen oder gar Anfragen nach Assistenz beim Suizid konfrontiert. Aber wie können Pflegende professionell darauf reagieren? Ein Wissenschaftlerteam der Hochschule Esslingen entwickelt in einem dreijährigen Forschungsprojekt eine neue Leitlinie zur Suizidprävention. Darin sollen Ethik- und Praxisleitlinien für stationäre Einrichtungen und ambulante Dienste festgelegt werden. Diese sollen es den Pflegefachpersonen ermöglichen, professionell mit Fragen nach Suizidassistenz umzugehen wie auch Suizide zu verhindern. Schulungen der Pflegefachpersonen sollen die Leitlinien begleiten.

„Wir wollen die Pflegefachpersonen sensibilisieren, Suizidrisiken zu erfassen, Suizidalität frühzeitig zu erkennen und Suizidprävention zu realisieren“, so die Leiterin des Forschungsprojekts, Annette Riedel von der Fakultät Soziale Arbeit, Bildung und Pflege. Damit solle auch die Zahl von Suiziden bei älteren Menschen in Deutschland verringert werden.“

Weitere Informationen

💬 Über den Tellerrand

Livestream aus dem Krankenzimmer?

Kevin Hartwig, der als Medfluencer Videos für die Plattformen Tiktok, Instagram und Youtube produziert, klärt als Intensivkrankenpfleger mit seinen Videos über die Arbeit auf der Intensivstation auf. In der letzten Zeit hat er mit Beiträgen über Kolleg:innen, die während der Arbeitszeit live streamen und dabei auch sensible Patientendaten preisgeben, für Aufsehen gesorgt. Jetzt macht er die Datenschutzverstöße im Gesundheitswesen zum Thema seiner Videos:

“Grundsätzlich finde ich es gut, über den Beruf der Pflegefachfrau bzw. des Pflegefachmanns in den sozialen Medien aufzuklären und Bewerber:innen für die Ausbildung zu gewinnen. Livestreams auf der Arbeit bergen aber die Gefahr, dass personenbezogene Daten aus der Situation heraus im Stream zu sehen sind. So passiert es, dass konkrete Patientendaten für eine große Zuschauerschaft veröffentlicht werden. Dazu kommt, dass Pflegekräfte, die Inhalte auf Social Media teilen.”

Hartwig gibt ausserdem zu bedenken, dass Kolleg:innen - meistens Pflegekräfte - sensible Patientendaten preisgeben, ohne über rechtliche Konsequenzen oder Berufspflichten nachzudenken. Diese Livestreams werden auf TikTok täglich geteilt. Dabei werden Livestreams am Patientenbett gedreht, Patient:innen beleidigt, Namen und Adressen veröffentlicht.” Einige Kliniken, so Hartwig, ahnden dies nicht, daher entschied sich der Medfluencer, in regelmäßigen Abständen auf diese Missstände aufmerksam zu machen.

Das gesamte Interview weiterlesen auf Springer Pflege

📣 Ankündigungen

Forschung für gesündere Arbeit

Körperlich anstrengende Arbeit, Stress, Zeitdruck, ständig neue Aufgaben: Belastungen im Beruf können krank machen. Geht es auch anders? Was ist notwendig, um die Arbeitswelt gesünder zu gestalten? Die Arbeitsmedizin könnte viel bewirken. Vor allem, wenn die Forschung in diesem Bereich die Erfahrungen derjenigen einbezieht, die täglich am Schreibtisch, auf der Baustelle, in der Fahrerkabine oder an anderen Arbeitsplätzen tätig sind.

Das UK Tübingen lädt hierzu erstmals Berufstätige zum offenen Dialog mit Wissenschaftler:innen. Ziel der Bürger:innenkonferenz des Instituts für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung ist es, gemeinsam mit den Forschenden über eine gesündere Arbeitswelt zu diskutieren. Spezielle Kenntnisse werden nicht erwartet. Man sollte lediglich aktiv im Arbeitsleben stehen und Interesse am Thema mitbringen.

📆 Wann: 18. September 2024, 18 bis 21 Uhr (Einlass ab 17.30 Uhr)
Wo? Am Innovationszentrum Westspitze, Eisenbahnstr. 1, 72072 Tübingen

Anmeldungen werden bis zum 21. August 2024 über das Anmeldeformular angenommen. Weitere Informationen zur Bürger:innenkonferenz

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Das Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung (IASV) am Universitätsklinikum Tübingen ist das einzige arbeitsmedizinische Institut in Baden-Württemberg. Es vereint Forschung, Lehre und arbeitsmedizinische Versorgung. Das IASV widmet sich der Erforschung arbeitsbedingter Belastungen und der Gesundheitsversorgung von Erwerbstätigen. Durch praxisnahe Projekte und enge Kooperationen mit Unternehmen trägt das IASV maßgeblich zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz bei.

🤕 IchalsPatient

1️⃣ Qualifizierung von Patientenfürsprechenden

Patientenfürsprechende sind wichtige Akteure im Gesundheitssystem. Was fehlt ist eine Standardisierung ihrer Qualifikationen. Denn: Qualifizierte, möglichst zertifizierte, Patientenfürsprechende sind nicht nur unabhängige, sondern auch sachkundige und damit erfolgreiche Vermittler zwischen den Patienten, deren Angehörigen und den Mitarbeitenden im Krankenhaus. Jeder gelöste Konflikt verbessert die Qualität des Aufenthaltes und damit des Krankenhauses selbst. Zufriedene Patienten sind das gemeinsame Ziel für das Krankenhauspersonal sowie für die Patientenfürsprechenden. Aus diesem Grund schlossen der Bundesverband Patientenfürsprecher in Krankenhäusern e.V. (BPiK) und das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) eine Kooperationsvereinbarung für ein speziell auf die Belange der Patientenfürsprache abgestimmtes Qualifizierungsprogramm. Ziel der Partnerschaft ist es, die Rolle der Patientenfürsprechenden durch gezielte Qualifizierungsmaßnahmen zu stärken und deren Kompetenzen bundesweit zu standardisieren.

„Patientenfürsprechende spielen eine zentrale Rolle in der Sicherstellung einer patientenzentrierten Versorgung. Ihre Arbeit trägt nicht nur zur Verbesserung der direkten Patientenbetreuung bei, sondern fördert auch Transparenz und Vertrauen zwischen Patienten und Gesundheitseinrichtungen“, so Detlef Schliffke, Erster Vorsitzender des BPiK.

Das nun entwickelte, gemeinsame Qualifizierungsprogramm soll die Qualität der Patientenversorgung und damit die Patientenzufriedenheitverbessern. Zum Qualifizierungsprogramm: Patientenfürsprechende im Krankenhaus

2️⃣ Für interessierte / betroffene Laien: Werde OnkoHelfer!

Selbstfürsorge, Patientenrechte, Therapieangebote, onkologische Pflege und Reha - während einer onkologischen Versorgung müssen sich Betroffene und Angehörige nicht nur mit medizinischen, sondern auch mit psychosozialen und sozialrechtlich relevanten Aspekten auseinandersetzen. Mit dem Ziel einer individuellen und flächendeckenden Betreuung von Betroffenen und Angehörigen will das Programm OnkoHelfer des Comprehensive Center Center (CCC) der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) interessierte Laien ohne medizinische Grundausbildung Informationen an die Hand geben, um an Krebs erkrankte Menschen sowie ihre Angehörigen bestmöglich zu unterstützen. Das gesamte Programm besteht aus sechs Modulen mit neun Unterrichtseinheiten.

📆 Wann: ab dem 21. August 2024, jeweils 16 bis 19.15 Uhr an verschiedenen Wochentagen, das Angebot erstreckt sich über drei Monate
Wo: Online-Veranstaltung

Interessierte können auch nur einzelne Module besuchen und jederzeit einsteigen. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung jedoch notwendig.

Weitere Informationen zum Programm und zur kostenlosen Anmeldung


🏆 MINQs Choice

Nach mehr als 25 Jahren aktiver Recherche und Erstellung der Ärztelisten, die seit 1997 regelmäßig zuerst in der Zeitschrift FOCUS publiziert wurden und seit 2022 im Magazin stern erscheinen, haben wir uns entschlossen, unter dieser Rubrik - gewissermaßen in eigener Sache - jede Woche auf 3 besondere Mediziner:innen zu verweisen.


Dr. med. Thomas Sitte - MINQ-Spezialist seit 2019

Dr. med. dent. Christian Weinzierl - MINQ-Spezialist seit 2012

Dr. Dipl.-Psych. Hans-Günter Weeß - MINQ-Spezialist seit 2019

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