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🗞 22/2024

UK Mainz: Neue Therapieoption bei AML · TU/LMU München: Effektivere Immuntherapie · Gewebebank Stuttgart erleichtert Augenhornhauttransplantationen · Klärungsbedarf bei Künstlicher Intelligenz · MINQs Choice: Prof. Dr. Frank Martetschläger · Dr. med. Thomas Lischka · Dr. Gerhard Zeisner

Karl-Richard Eberle
Karl-Richard Eberle

📌 5 weekly picks

1 📌 Universitätsmedizin Mainz: Neue Therapieoption bei der Akuten Myeloischen Leukämie

Die Mainzer Leukämieforschung verweist anlässlich des Weltblutkrebstages auf eine Erfolgsgeschichte: Seit ein Mainzer Forschungsteam 2016 in der renommierten Fachzeitschrift „Cancer Discovery“ erstmals von einem neuen Ansatzpunkt für eine zielgerichtete AML (Akuten Myeloischen Leukämie) Therapie berichtete, haben sich die sogenannten Menin-Inhibitoren in ersten klinischen Studien als äußerst wirksam erwiesen.

Konkret wurde herausgefunden, dass eine Wechselwirkung zwischen Menin und einem weiteren Protein eine große Rolle bei der Entstehung der AML spielt – die krankmachende Mutationen im sogenannten NPM1-Gen aufweist. „Im Experiment haben wir diese Protein-Protein-Interaktion gehemmt, und damit erstaunliche Ergebnisse erzielt: AML-Zellen haben aufgehört sich unkontrolliert zu vermehren und sich stattdessen wieder zu normalen weißen Blutkörperchen entwickelt“, berichtet Univ.-Prof. Dr. Michal Kühn, Oberarzt und Leiter des Schwerpunktes Akute Leukämien an der III. Medizinischen Klinik

Inzwischen prüfen weiterführende Studienkonzepte weltweit, inwieweit eine Kombination der neuen Menin-Inhibitoren mit etablierten Standardmedikamenten deren Effizienz noch weiter verbessern kann. Dahinter steht die Erkenntnis, dass sich durch eine Kombination von Medikamenten die äußerst aggressive AML wesentlich besser eindämmen lässt, als wenn die Medikamente einzeln verabreicht werden. Eine solche Studieninitiative ist aktuell unter federführender Beteiligung der III. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mainz in Vorbereitung. Insgesamt sollen mehr als 100 akademische Studienzentren daran teilnehmen.

Zur Originalmeldung der Universitätsmedizin Mainz

2 📌  TU und LMU München: Neue Ansatzpunkte für effektivere Immuntherapie entdeckt

Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Ein Team um Dr. Jan Böttcher, Forschungsgruppenleiter am Institut für Molekulare Immunologie der TUM, und Prof. Sebastian Kobold, stellvertretender Direktor der Abteilung Klinische Pharmakologie am LMU Klinikum München, hat jetzt herausgefunden, dass Tumore mit einem Botenstoff Immunzellen in einer frühen Phase der Immunantwort beeinflussen. Viele Krebszellen schütten verstärkt den Botenstoff Prostaglandin E2 aus. Die Forschenden konnten nachweisen, dass Prostaglandin E2 an EP2 und EP4, zwei Rezeptoren auf der Oberfläche bestimmter Immunzellen bindet. Diese sogenannten stammzellartigen T-Zellen, wandern aus anderen Bereichen des Körpers in den Tumor. Bei einer erfolgreichen Immunantwort vermehren sie sich dort und entwickeln sich zu zytotoxischen T-Zellen weiter, die den Krebs attackieren. „All das wird ausgebremst, wenn Tumore Prostaglandin E2 ausschütten und dieses an die Rezeptoren EP2 und EP4 bindet“, sagt Jan Böttcher. „Die T-Zell-Antwort kollabiert gewissermaßen und der Tumor kann ungehindert wachsen.“ Verhinderten die Forschenden in Tumormodellen hingegen die Interaktion von Botenstoff und Rezeptor, konnte das Immunsystem Tumore effektiv bekämpfen. Die Entdeckung könnte dazu führen, dass Immuntherapien bereits zu einem früheren Punkt der Immunantwort anzusetzen.

„Heutige Behandlungsansätze würden vermutlich effektiver, wenn die Auswirkungen des Prostaglandin E2 auf stammzellartigen T-Zellen blockiert würde, so dass sich diese sich ungehindert im Tumor ausdifferenzieren können“, sagt Sebastian Kobold.

Die Studie im Fachmagazin „Nature” liefert Ansatzpunkte für neue Krebs-Immuntherapien, und könnte bestehende Behandlungen effektiver machen. Eine zweite Arbeit in „Nature” bestätigt die Erkenntnisse.

Zur Originalmeldung der LMU München

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Zur Studie 1: "Prostaglandin E2 curtails interleukin-2-dependent effector expansion from tumour infiltrating stem-like CD8+ T cells to promote cancer immune escape". Nature (2024). DOI: 10.1038/s41586-024-07254-x.
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Zur Studie 2:" PGE2 inhibits TIL expansion by disrupting IL-2 signalling and metabolism". Nature (2024). DOI: 10.1038/s41586-024-07352-w.

3 📌 Universitätsklinikum Dresden: Dresdner Lipidnetz zertifiziert

Das Dresdner Lipidnetz ist jetzt von der Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) zertifiziert worden. Das Netzwerk organisiert unter Federführung der Stoffwechselambulanz am Universitätsklinikum Carls Gustav Carus Dresden 94 Partnerinnen und Partner sowie Institutionen aus den Bereichen Krankenversorgung, Reha, stationäre Versorgung sowie Forschung, die auf dem Gebiet der Lipide tätig sind. Die Zertifizierung als „Lipidologisches Kompetenzzentrum und Netzwerk DGFF“ belegt die diagnostische und therapeutische Qualifikation der geprüften Kliniken, Ambulanzen, Versorgungszentren und Praxen und ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal für Patient:innen.

Ein „Lipidologisches Kompetenzzentrum und Netzwerk DGFF“ dokumentiert die koordinierte Zusammenarbeit vieler verschiedener Fachdisziplinen.

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80 Prozent aller genetisch bedingten Fettstoffwechselstörungen sind nicht diagnostiziert. Häufig erfahren Betroffene erst eine Diagnose und oder Therapie mit dem ersten Herzinfarkt – oft in jungen Jahren. Zu diesen Störungen zählt die familiäre Hypercholesterinämie, die einen von 250 Menschen betrifft. Ein weiteres Krankheitsbild ist ein zu hoher Lipoprotein a (LP(a))-Wert.

Das Netzwerk befasst sich zudem mit erhöhten Neutralfetten (Triglyceriden) im Körper, welche stark vom Lebensstil abhängen, aber auch sekundär bei anderen Erkrankungen auftreten können oder genetisch, also angeboren, bedingt sind. Bei den genetischen Formen kann es zu extremen Erhöhungen kommen mit lebensbedrohlichen Bauchspeicheldrüsenentzündungen – diese Patientinnen und Patienten gilt es herauszufischen und Expertinnen sowie Experten zuzuführen, um schwere Komplikationen zu umgehen.

Zur Original-Pressemitteiliung des Universitätsklinikums Dresden

4 📌 Klinikum Stuttgart: Gewebebank Stuttgart hilft Angebotslücke bei Augenhornhauttransplantation zu schließen

Die Augenhornhauttransplantation ist weltweit die am häufigsten durchgeführte Transplantation. Allein in Deutschland erhalten jährlich über 9.000 Menschen ein Transplantat aus einer Augenhornhautspende. Mehr als die Hälfte dieser Transplantate stammt aus dem bundesweiten Netzwerk der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) - die gemeinnützige Organisation konnte 2023 insgesamt rund 5.000 Augenhornhäute zur Transplantation abgeben. Zwar steigen die Spendezahlen in Deutschland, aber trotzdem warten weiterhin tausende Patient:innen auf ein geeignetes Transplantat. Die Gewebebank Stuttgart ist seit einem Jahr in Betrieb und hilft, die Angebotslücke zu schließen. Eröffnet wurde sie von der DGFG und dem Klinikum Stuttgart. In der Augenklinik am Klinikum Stuttgart werden viele Augenhornhauttransplantate aus dem Netzwerk der DGFG direkt transplantiert. „Durch die neue Gewebebank am Klinikum Stuttgart können mehr Hornhautspenden gewonnen, aufbereitet und transplantiert werden. Durch die räumliche Nähe und fachliche und technische Kooperation können wir Hornhäute in noch besserer Qualität und in größerer Zahl als bisher anbieten. Durch die gesteigerte Entnahmequote können wir auch mehr Menschen mit einem Hornhauttransplantat helfen, wodurch die Wartezeit deutlich gesenkt werden konnte. Seit dem Start der Gewebebank Stuttgart haben wir fast 100 Hornhauttransplantationen durchgeführt. Wir sind also auf einem sehr guten Weg, dennoch warten allein im Klinikum Stuttgart noch immer fast 100 Personen auf eine Hornhauttransplantation. Wenn sich die Spendenbereitschaft weiterhin so positiv entwickelt, können wir auch diesen Patient:innen hoffentlich zeitnah helfen“, erläutert Prof. Dr. Florian Gekeler. Er ist Ärztlicher Direktor der Augenklinik im Klinikum Stuttgart und Ärztlicher Leiter der Gewebebank Stuttgart.

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Die Menschen, die eine Transplantation benötigen, leiden an genetisch bedingten Hornhauterkrankungen, z.B. Hornhautdystrophien, Trübungen der Hornhaut aufgrund von Infektionen oder an schweren Hornhautschäden, verursacht durch Unfälle, Verbrennungen oder Verätzungen. Die Hornhauttransplantation ist dabei oft die letzte Möglichkeit, die Sehkraft dieser Patient:innen wiederherzustellen und ihnen klare Sicht zu schenken.

Zum Gewebenetzwerk

5 📌 Klärungsbedarf: Künstliche Intelligenz in der Medizin

Um sicher gehen zu können, dass Künstliche Intelligenz auch wirklich exakte Diagnosen erstellt und somit eine wirksame Unterstützung der ärztlichen Tätigkeit sein kann, soll ein neues, interdisziplinäre Graduiertenkolleg der DFG : „Knowledge Infusion and Extraction for Explainable Medical AI“ (KEMAI) an der Universität Ulm kritische Fragestellungen entwickeln und beantworten. Erforscht werden soll insbesondere, wie man die Vorteile von wissens- und lernbasierten KI-Systemen für bildbasierte medizinische Diagnosen kombinieren kann. Dabei geht es sowohl um Genauigkeit als auch darum, dass Ärzte und Ärztinnen die durch KI-Systeme getroffenen Entscheidungen auch nachvollziehen und verstehen können.

In der interdisziplinären Forschungsgruppe werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Informatik, Medizin, Ethik und Philosophie zusammenarbeiten. Die Forschenden wollen sich COVID-19, Lungenkarzinomen sowie dem Fuchsbandwurm widmen, und zwar mithilfe von Computertomographie- und Positronen-Emissions-Bildgebung sowie weiteren klinischen Bildgebungsverfahren. Doch neben diesen Anwendungsbeispielen geht es auch um ethische Fragestellungen in medizinischen Entscheidungsprozessen: Wann vertraut die Medizinerin, der Mediziner dem KI-System? Wie kann ein solches System auf eine unsichere Entscheidung hinweisen? Wer haftet bei falscher Behandlung?

„Wir hoffen, dass eine bessere Nachvollziehbarkeit den Einsatz und die Akzeptanz von KI in der Medizin deutlich stärkt“, erläutert Professor Timo Ropinski vom Institut für Medieninformatik. Er ist Sprecher des Graduiertenkollegs KEMAI.

Zur Originalmeldung der Universität Ulm

📣 Ankündigungen

1️⃣ DGPPN-Hauptstadtsymposiums

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie wartet in diesem Jahr mit spannenden Sessions auf. U.a. berichtet der Berliner Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Benjamin Ochs von den Möglichkeiten künstlicher Intelligenz im Bereich der psychiatrischen Diagnostik, die Psychologin Michèle Wessa vom Leibnitz-Institut für Resilienzforschung in Mainz spricht zu Resilienz-Mechanismen in Zeiten ständiger Krisen und Thomas Röske, Direktor der Sammlung Prinzhorn am Zentrum für psychosoziale Medizin am Universitätsklinikum Heidelberg, beleuchtet die Beziehung zwischen Krisen und kreativer Schaffenskraft.

📅 Wann 2. Juli 2024, 11:00–16:00 Uhr

📍 Wo: Quadriga-Forum, Werderscher Markt 13, 10117 Berlin

Livestream: auf dgppn.de. Online ist allerdings keine aktive Beteilung möglich.

Das detaillierte Programm mit allen Referentinnen und Referenten

kostenfrei

Anmeldung: per Online-Formular erforderlich

Informationen zur Veranstaltung

2️⃣ 36. Internationaler Kongress der Deutschen Ophthalmochirurgie (DOC)

📅 Wann: 20.-22. Juni 2024

📍 Wo: Nürnberg statt.

Führende Experten stellen Innovationen und Weiterentwicklungen vor und diskutieren die Goldstandards der Augenchirurgie.

Neue Symposien in 2024 sind: „Nachhaltigkeit in Augenheilkunde und Augenchirurgie“

und „AI in der Augenheilkunde“

Zur Website des Kongresses


🏆 MINQs Choice

Nach mehr als 25 Jahren aktiver Recherche und Erstellung der Ärztelisten, die seit 1997 regelmäßig zuerst in der Zeitschrift FOCUS publiziert wurden und seit 2022 im Magazin stern erscheinen, haben wir uns entschlossen, unter dieser Rubrik - gewissermaßen in eigener Sache - jede Woche auf 3 besondere Mediziner:innen zu verweisen. Wir freuen uns besonders auf thematische Anregungen aus diesem Kreis und stellen diese gerne in unseren weekly picks vor.


Prof. Dr. Frank Martetschläger - MINQ-Spezialist seit 2020

Dr. med. Thomas Lischka - MINQ-Spezialist seit 2021

Dr. Gerhard Zeisner - MINQ-Spezialist seit 2012

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