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🗞 21/2024

Social-Media-Abstinenz entlastet junge Frauen · Starkes Herz durch Abend-Sport · AlphaFold 3 sagt Struktur aller Lebens-Moleküle voraus · Abnehmspritze - gefragte Mangelware

Mirjam Bauer Karl-Richard Eberle

📌 5 weekly picks

1 📌 Social-Media-Abstinenz entlastet junge Frauen

Dass soziale Medien verschiedene negative Auswirkungen auf ihre User haben, ist vielfach belegt. Das Spektrum reicht von geminderter Beziehungsfähigkeit über Schlafstörungen bis zu erhöhter Suizidalität. Eine Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift Body Image (ScienceDirect) veröffentlicht wurde, belegt nun, dass die Flut an Vergleichsmöglichkeiten im Internet junge Frauen psychisch belastet. Die hohe Präsenz "idealer Körper" in den sozialen Medien befördert demnach Störungen des Selbstwertgefühls und negative Einstellungen zum eigenen Körper. Vor allem bei jungen Frauen, die anfällig für die Verinnerlichung "dünner Schlankheitsideale" sind.

An der York Universität im kanadischen Toronto wurden die 66 teilnehmenden Psychologiestudentinnen in zwei Gruppen unterteilt: Die eine Gruppe musste eine Woche lang auf Facebook, TikTok, Instagram und alle weiteren sozialen Medien verzichten. Die andere Gruppe führte ihre Aktivitäten in den sozialen Medien wie gewohnt fort. Vor der Studie wurden die Teilnehmerinnen zu den Themen der Untersuchung befragt und getestet. Im Zentrum standen das Selbstwertgefühl und die Einstellung zum eigenen Körper. So wurden die Teilnehmerinnen zum Beispiel gefragt, wie zufrieden sie aktuell mit ihrem Körper sind und ob sie gerne wie Models in Magazinen aussehen würden. Nach der Studienwoche wurden die Befragung und die Tests wiederholt.
Fakt ist laut Studienleiterin und Psychologieprofessorin Jennifer Mills, dass die Getesteten mit social-media-Abstinenz mehr Zeit im “wirklichen Leben” verbringen, sich mit Freunden treffen, schlafen, an die frische Luft gehen oder Sport treiben. All das führe erwiesenermaßen, so Mills, zur körperlichen und seelischen Gesundheit. Zukünftige und größere Studien müssten aber noch zeigen, welchen Anteil diese verschiedenen Faktoren am positiven Effekt der Social-Media-Abstinenz haben.

In der Öffentlichkeit müsse das Problembewusstsein zu den Gefahren durch soziale Medien gestärkt werden. Außerdem appellierte Mills

an die Social-Media-Unternehmen, den Nutzern mehr Entscheidungsfreiheit bei ihren Interaktionen mit den Plattformen zu geben.

Weitere Infos zur Studie auf tagesschau.de

2 📌 Tast- und Sehsinn - wichtige Zusammenarbeit

Wie werden die Informationen verschiedener Sinne im Gehirn kombiniert? Ein Forschungsteam aus Jena, London und München entdeckte eine Region in unserem sensorischen Kortex, die sowohl von visuellen als auch von Tastreizen aktiviert wird. Ihre Ergebnisse belegen, dass Sinnesinformationen weit früher als bisher angenommen zusammen verarbeitet werden, und tragen so zum besseren Verständnis der Reizverarbeitung im Gehirn bei.

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Um uns in uns in unserer Umwelt zu orientieren oder eine Situation zu beurteilen, nutzen wir alle unsere Sinne, und das gleichzeitig: Wir sehen, fühlen und riechen einen vollreifen Apfel, der beim Reinbeißen knackt und säuerlich-süß schmeckt. Dabei beziehen wir die meisten Informationen über das Sehen, und blenden diesen Sinn manchmal sogar gezielt aus, um uns auf einen anderen zu konzentrieren – beim Küssen mit geschlossenen Augen zum Beispiel.

Wie die Wahrnehmungen verschiedener Sinne im Gehirn zu einem Gesamteindruck miteinander verbunden werden, ist noch nicht vollständig verstanden. Bislang ging man davon aus, dass dies erst in einem relativ späten Stadium der Informationsverarbeitung passiert. „Wir hatten jedoch Hinweise, dass die Eindrücke eines Sinnes bereits an ihrer ersten Station in der Hirnrinde mit den Eindrücken anderer Sinne verschmolzen werden“, so Dr. Manuel Teichert, Neurobiologe vom Universitätsklinikum Jena. Mit dem Forschungsteam untersuchte er deshalb die Kopplung von Seh- und Tastsinn bei Mäusen. Das Forschungsteam verfolgte mit modernsten mikroskopischen und elektrophysiologischen Techniken, wie und wo im Mäusehirn die von verschiedenen Sinnen stammenden Wahrnehmungen zusammenspielen.

„Wir wissen, dass Hör- und Tastsinn bei erblindeten Menschen oft deutlich sensibler werden. Mit unserer Grundlagenforschung zur multisensorischen Verarbeitung wollen wir zum Verständnis der zugrundeliegenden Umstrukturierungsprozesse im Gehirn beitragen, die ähnlich wahrscheinlich auch nach Lähmungen oder Schlaganfällen auftreten.“

Dr. Manuel Teichert


Weiteres auf den Seiten der UK Jena

Zur Originalpublikation

3 📌 Starkes Herz durch Sport am ABEND

Dass körperliche Aktivität kardiometabolische Risiken verringert, ist bekannt. Offen ist noch die Frage, welcher Zeitpunkt ideal ist, etwa der Morgen, der Nachmittag oder der Abend? Eine neue Studie beweist: am Abend! Moderate bis starke aerobe körperliche Aktivität am Abend ist mit dem geringsten Mortalitätsrisiko und mit dem geringsten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bzw. für mikrovaskuläre Erkrankungen bei Erwachsenen mit Adipositas einschließlich Typ-2-Diabetes assoziiert.

„Die Ergebnisse unserer Studie verdeutlichen, dass nicht nur die Zeitspanne mit moderater bis intensiver körperlicher Aktivität, sondern auch der Zeitpunkt, insbesondere der Abend, mit dem geringsten Mortalitätsrisiko im Vergleich zu anderen Zeitfenstern verbunden war“, so die Autoren um Angelo Sabag von der University of Sydney, Australien, in Diabetes Care.

Um solche Wissenslücken zu schließen, haben die Forschenden Daten der UK Biobank analysiert. Sie fanden Angaben zu 29.836 Personen mit Adipositas (Body-Mass-Index über 30; Durchschnittsalter 62,2 Jahre; 53,2% Frauen). In der Gruppe waren 2.995 Personen mit Typ-2-Diabetes. Die aerobe Aktivität wurde definiert als Bewegung von mindestens 3-minütiger Dauer. Die Wissenschaftler untersuchten mögliche Zusammenhänge zwischen dem Zeitpunkt der aeroben körperlichen Aktivität und der Gesamtmortalität, kardiovaskulären Erkrankungen (definiert als Herz-Kreislauf-Erkrankungen, etwa Bluthochdruck) und mikrovaskulären Erkrankungen (Neuropathien, Nephropathien oder Retinopathien) bei einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 7,9 Jahren.

Das Mortalitätsrisiko war in der Gruppe mit mäßiger bis starker körperlicher Aktivität am Abend am niedrigsten – und in der Untergruppe mit Typ-2-Diabetes sogar niedriger als in der Referenzgruppe.

Weiteres bei Medscape

4 📌 Google-KI "AlphaFold 3" sagt Struktur aller Moleküle des Lebens voraus

Forschende gehen davon aus, dass sich biologische Abläufe im Körper und Krankheiten besser verstehen lassen, wenn man die Gestalt und damit auch die Funktion der Proteine kennt. Im Jahr 2020 erzielte Deep Mind, eine Tochter der Google-Holding Alphabet, einen grundlegenden Durchbruch bei der Vorhersage von Proteinstrukturen. Bislang hätten Millionen von Forschern weltweit “AlphaFold 2” genutzt (ein Programm, das die dreidimensionale Gestalt von Proteinen berechnen kann), um Entdeckungen in Bereichen wie Malaria-Impfstoffen, Krebsbehandlungen und Enzymdesign zu machen.

In einem im Journal «Nature» veröffentlichten Artikel stellte Deep Mind jetzt das KI-System “AlphaFold 3” als ein Modell vor, das die Struktur und Interaktion aller Moleküle des Lebens mit bisher unerreichter Genauigkeit vorhersagen könne: “Bei den Wechselwirkungen von Proteinen mit anderen Molekülarten sehen wir eine Verbesserung von mindestens 50 Prozent im Vergleich zu bestehenden Vorhersagemethoden, und bei einigen wichtigen Kategorien von Wechselwirkungen haben wir die Vorhersagegenauigkeit verdoppelt.” Deep Mind kündigte außerdem den “AlphaFold Server” an. Dieses kostenlose Tool ermögliche nicht-kommerziell Forschenden den Zugang zu den Fähigkeiten von “AlphaFold 3”, um Modelle biologischer Strukturen zu generieren. Es ermögliche, große und komplexe Proteinstrukturen mit wenigen Mausklicks auf dem Bildschirm zu erzeugen.

So funktioniert die KI - Demo im You-Tube-Video:

Google DeepMind AlphaFold Server Demo
Credit: Google DeepMind

Weiterlesen auf den Seiten der Pharmazeutischen Zeitung

5 📌 Signaturen des Herzinfarkts

Patient:innen nach einem Herzinfarkt noch besser als bisher zu behandeln, ist eines der Ziele der Kardiologie. Dazu gehören ein umfassendes Verständnis und die rechtzeitige Erkennung jener Patienten, die nach einem Infarkt ein hohes Risiko für einen ungünstigen Verlauf haben. Forschende des LMU Klinikums, von Helmholtz Munich und weiteren Einrichtungen haben jetzt mit Hightech-Methoden der Biomedizin und Bioinformatik die Immunantwort beim Herzinfarkt im Menschen umfassend kartographiert und Signaturen identifiziert, die mit dem klinischen Verlauf der Erkrankung korrelieren. Allein in Deutschland erleiden ca. 300.000 Menschen alljährlich einen Herzinfarkt. Die Sterblichkeit der Erkrankten ist zwar in den vergangenen Jahren gesunken, dennoch entwickeln viele der Betroffenen nach dem Infarkt eine Herzschwäche, weil sich der Herzmuskel nicht optimal erholt. Wie sich das Immunsystem nach einem Herzinfarkt entwickelt, untersuchten die Forschenden anhand von Blutproben der Herzinfarkt-Patienten, die am LMU Klinikum behandelt wurden und unterschiedliche Verläufe aufwiesen.

Die im Blut befindlichen Immunzellen wurden Zelle für Zelle einzeln in Bezug auf ihre RNA-Zusammensetzung untersucht. Ein bestimmtes Verfahren der Bioinformatik (MOFA, für Multi-Omics Factor Analysis) erkannte in der Masse der erzielten Daten übergreifende Muster. „Diese Methode ist optimal, um viele kleinere Effekte, die koordiniert in die gleiche Richtung gehen, zu erkennen und zusammenzufassen“, resümiert Dr. Matthias Heinig, Leiter einer bioinformatischen Arbeitsgruppe bei Helmholtz Munich. So konnte eine Art Atlas der Immunantworten nach einem Herzinfarkt erstellt werden. „Diese Muster können Unterschiede zwischen den klinischen und zeitlichen Verläufen der Patienten erklären“, sagt Prof. Konstantin Stark, Leitender Oberarzt der Kardiologie am LMU Klinikum. Das bedeutet: Bestimmte dieser „Immunsignaturen“ assoziieren mit einer besseren Erholung der Herzfunktion, andere mit einer schlechteren.

Der Atlas der Immunantwort im Herzinfarkt hat große Relevanz für die weitere kardiovaskuläre Grundlagenforschung und weist potentiell darauf hin, dass anhand von Multi-Omics-Analysen aus Blutproben der klinische Verlauf eines Infarkt-Patienten beurteilt werden könnte. Dafür aber muss das Konzept der MOFA-basierten Diagnostik in kardiovaskulären Erkrankungen in weiteren Studien überprüft werden – und das haben die Münchner Forschenden in den kommenden Jahren vor.

Die Ergebnisse der Arbeit wurden im Wissenschaftsjournal Nature Medicine veröffentlicht. Mehr Infos zur Studie auch auf den Seiten der LMU München.

💬 Über den Tellerrand

Gefragte Mangelware: die neuen Abnehmspritzen

Kein anderes Medikament ist zurzeit so gefragt wie Wegovy. Laut dem dänischen Hersteller Novo Nordisk wird die neuartige Spritze zum Abnehmen von 45 Millionen Patient:innen verwendet. Doch viele weitere Millionen stark übergewichtiger Personen würden sie ebenfalls gerne einsetzen, wenn sie denn verfügbar wäre. Der dänische Pharmakonzern kommt mit dem Produzieren seines Medikaments nicht nach. Selbst in Ländern wie der Schweiz oder Deutschland, wo das Produkt bereits auf dem Markt ist, wird es nur rationiert abgegeben.
Wie das Management von Novo Nordisk am Dienstag in einer virtuellen Medienkonferenz einräumte, reichen die gegenwärtigen Produktionskapazitäten bei weitem nicht aus, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Weltweit wird die Zahl der fettleibigen Erwachsenen auf knapp 880 Millionen geschätzt. Definitionsgemäss haben solche einen Body-Mass-Index (BMI) von 30 und mehr. Bis heute ist die Spritze erst in knapp einem Dutzend Ländern erhältlich. In Europa kann das Medikament in Deutschland, Schweiz, Dänemark, Norwegen, Spanien und Grossbritannien bezogen werden, aber noch nicht in österreichischen, französischen oder italienischen Apotheken. Die Abgabe der Abnehmspritze wird zudem rationiert. Priorität in der Versorgung haben Patient:innen, welche die Behandlung mit dem Medikament schon angetreten haben. Das Unternehmen wolle so verhindern, dass von Fettleibigkeit Betroffene mangels Lieferungen die Therapie unterbrechen müssen.

Weiterlesen auf den Seiten der Neuen Zürcher Zeitung

📣 Ankündigungen

1️⃣ ASCO Annual Meeting 2024

Vom 31. Mai– 04. Juni 2024 findet das ASCO Annual Meeting 2024 der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago, USA statt. Bei dieser Veranstaltung werden Onkolog:innen aus der ganzen Welt zusammenkommen, um die neuesten Entwicklungen in der Krebsforschung und -behandlung zu diskutieren. Teilnehmer:innen haben die Möglichkeit, die Tagung sowohl vor Ort, als auch online zu besuchen.

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Highlights im Überblick
Breast Cancer
Care Delivery and Quality Care
Central Nervous System Tumors
Developmental Therapeutics – Immunotherapy
Gastrointestinal Cancer – Colorectal and Anal
Gynecologic Cancer
Head and Neck Cancer
Hematologic Malignancies
Lung Cancer
Medical Education and Professional Development
Melanoma/Skin Cancers
Pediatric Oncology

📅 Wann: 31. Mai– 04. Juni 2024

Wo: McCormick Place, 2301 S Martin Luther King Dr, Chicago, IL 60616, Vereinigte Staaten

Mehr hierzu auf den Seiten der ASCO

2️⃣ Konzertabend für neues Kinderklinikum

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen – weder seelisch, noch körperlich. Damit auch in Zukunft Spitzenmedizin für Kinder sichergestellt ist, soll auf dem Campus Süd des Klinikums Nürnberg ein neues Kinderklinikum entstehen. Dieses soll so kindgerecht wie möglich gestaltet werden. Um Spenden dafür zu gewinnen, findet im Juni in der barocken Kulturkirche St. Egidien ein Benefizkonzert statt.

Mit dabei sind die Kinder- und Jugendkantorei der Innenstadtgemeinden unter der Leitung von Matthias Stubenvoll, die Sopranistin Anna Nesyba, der Tenor Martin Platz, der Bass Guido Jentjens und der Pianist Holger Berndsen. Zudem wird der Bayerische Kammerschauspieler, Sprecher und Zauberer Pius Maria Cüppers moderierend durch den Abend führen und für die eine oder andere magische Überraschung sorgen. Alle Künstler:innen verzichten auf ihre Gagen. Der Eintritt ist frei, dafür wird um eine Spende für das Neubauprojekt gebeten. Tickets können unter www.neubau-kinderklinikum.de/b/benefiz gebucht werden.

📅 Wann: Mittwoch, 12. Juni, 19 Uhr

Wo: Kulturkirche St. Egidien, Egidienplatz 12, 90403 Nürnberg

Mehr hierzu…


🏆 MINQs Choice

Nach mehr als 25 Jahren aktiver Recherche und Erstellung der Ärztelisten, die seit 1997 regelmäßig zuerst in der Zeitschrift FOCUS publiziert wurden und seit 2022 im Magazin stern erscheinen, haben wir uns entschlossen, unter dieser Rubrik - gewissermaßen in eigener Sache - jede Woche auf 3 besondere Mediziner:innen zu verweisen.


Dr. Christian Schrank - MINQ-Spezialist seit 2011

Dr. med. Ralf Langhoff - MINQ-Spezialist seit 2018

Prof. Dr. med. Ulrich Herrlinger - MINQ-Spezialist seit 2007

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