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🗞 7/2025

Garten gegen Unterernährung, Krebsvorsorge dank Chatbots, Entspannung bei Autismus: Diese Studien könnten 2025 die Medizin verändern · Schlafentzug - von Rekorden und Risiken · Transmutation von Atommüll · Nachhaltiger Dünger aus Urin

Mirjam Bauer Karl-Richard Eberle

📌 Weekly picks

Diese Studien könnten dieses Jahr die Medizin verändern

Das Wissenschaftsmagazin Nature Medicine bat führende Forscher:innen, ihre wichtigsten klinischen Studien für das Jahr 2025 zu nennen, von Gentherapien für Prionenerkrankungen und Sichelzellenanämie bis hin zu digitalen Werkzeugen für die Krebsbehandlung und psychische Gesundheit. Folgende Themen haben es auf die Liste geschafft. Die Aufzählung haben wir Medinside, der Schweizer Online-Plattform für das Gesundheitswesen entnommen.

1 📌  Gentherapien gegen Prionenkrankheiten

Prionenkrankheiten, darunter die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, sind derzeit noch unheilbar und oft tödlich. Eine Studie, die in 16 Zentren weltweit durchgeführt wurde, bewertet die Wirkung von ION-717, einem Antisense-Oligonukleotid, um die Produktion von Prionen im Gehirn zu senken. Es handelt sich um die erste randomisierte Studie am Menschen zur Behandlung einer Prionenkrankheit. Für 2025 werden hier vorläufige Ergebnisseerwartet werden.

2 📌 Krebsvorsorge dank Chatbots

Eine randomisierte kontrollierte Studie, die derzeit in Frankreich läuft, untersucht die Wirkung eines Chatbots: Wie sehr kann Künstliche Intelligenz Frauen zur Teilnahme an der Gebärmutterhalskrebs-Vorsorge motivieren? Das Tool im Test soll benachteiligte Bevölkerungsgruppen erreichen, die nur einen eingeschränkten Zugang zu Vorsorgeuntersuchungen haben. Der Chatbot informiert und motiviert die Frauen, zu Hause ein Selbsttest aufs Papillomavirus HPV durchzuführen. Die Studie umfasst etwa 4.000 Teilnehmerinnen ein und soll dieses abgeschlossen werden.

3 📌 Ganz persönliche Krebsvorsorge

Eine ähnliche Untersuchung – namens MyPeBS (My Personal Breast Cancer Screening – zielt darauf ab, die Brustkrebsvorsorge durch einen personalisierten Ansatz zu revolutionieren. Diese gross angelegte Studie mit über 53.000 Teilnehmerinnen in sechs Ländern vergleicht die derzeitigen Screening-Standards mit einer Strategie, die auf individuellen Risikofaktoren beruht: DNA-Tests, die einen polygenen Risiko-Score erstellen; sowie Parameter wie Familiengeschichte und Brustdichte. Ziel der Studie ist es, die Inzidenz von fortgeschrittenem Krebs nach vier Jahren zu senken und gleichzeitig unnötige Eingriffe zu vermeiden.

4 📌 Neue Bestrahlung von Prostatakrebs

In einer Phase-3-Studie testet Novartis das Potenzial von Lu177-PSMA-617 (Pluvicto) in Verbindung mit Standardtherapien für Patienten mit PSMA-positivem metastasierendem hormonsensitivem Prostatakrebs. Die Studie umfasst 1'126 Teilnehmer, die noch keine oder nur eine minimale Behandlung erhalten haben. Die Behandlung basiert auf einem gezielten radiopharmazeutischen Ansatz: Lutetium-177 gibt die Strahlung direkt an die Tumorzellen ab, die PSMA exprimieren, und begrenzt so die Schädigung des gesunden Gewebes. Es soll untersucht werden, ob diese Kombination auch in einem früheren Stadium der Krankheit eingesetzt werden kann

5 📌 Personalisierte Ernährungs-Empfehlungen

Die Studie "Nutrition for Precision Health" zielt darauf ab, Ernährungsempfehlungen unter Berücksichtigung der Gene, der Umwelt und des kulturellen Hintergrunds jedes Einzelnen anzupassen. Die Studie, an der 8'000 Personen an 14 Standorten teilnehmen, besteht aus drei Phasen: Testmahlzeiten, um die biologischen Reaktionen zu analysieren, eine sechswöchige Überwachung von drei verschiedenen Diäten und schliesslich von den Forschern entwickelte präzise Ernährungsprotokolle. Mittels künstlicher Intelligenz und Machine Learning wollen die Forscher Algorithmen entwickeln, die individuelle Stoffwechselreaktionen vorhersagen können.

6 📌 CBD zur Vorbeugung von Psychosen

Eine weitere wichtige Forschung im Jahr 2025 betrifft laut "Nature" die Verwendung von Cannabidiol (CBD) zur Prävention von Psychosen. CBD ist in einigen Ländern bereits für die Behandlung von schwerer Epilepsie zugelassen und wird derzeit intensiv auf sein Potenzial zur Prävention psychiatrischer Störungen getestet. Derzeit steht es im Mittelpunkt von drei internationalen Studien, an denen rund 1'000 psychotische Patienten in 11 Ländern teilnehmen. Die ersten Ergebnisse werden für dieses Jahr erwartet.

7 📌  Zwischen Klima und Gesundheit

Eine "Reflect"-Studie in Burkina Faso bewertet die Auswirkungen von «Kaltdächern» auf die Gesundheit von Menschen, die mit extremer Hitze konfrontiert sind. Die Idee: Reflektierende Dächer senken die Innentemperatur von Gebäuden. Die Studie beobachtet 1'200 Personen über zwei Jahre hinweg und misst Indikatoren wie Herzfrequenz, Blutdruck, Blutzucker, Dehydrierung, Schlafqualität und psychische Gesundheit. Ziel ist es, eine erschwingliche und nachhaltige Lösung für jene Regionen zu finden, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind.

8 📌  Der Garten gegen Unterernährung

Eine weitere klinische Studie mit dem Namen "Alimus", durchgeführt in Burkina Faso und Kenia, bewertet die Auswirkungen der häuslichen Gartenarbeit auf die Unterernährung. Das Projekt umfasst 600 Haushalte in jedem der beiden Länder. Ein Haupt-Messkriterium ist die Grösse der Kinder im Verhältnis zu ihrem Alter – ein Schlüsselindikator für den langfristigen Ernährungszustand. Wenn sich das Modell bewährt, könnte es in die lokalen Praktiken der Ministerien integriert werden, um die Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Die Ergebnisse werden für Mitte 2025 erwartet.

9 📌 Genomische Korrektur bei Sichelzellenanämie

Eine klinische Studie mit dem Namen "Beacon" erforscht einen neuen Ansatz zur Behandlung der Sichelzellenanämie unter Verwendung autologer CD34+ hämatopoetischer Stammzellen (HSZ), die mithilfe der Base-Editing-Technologie verändert wurden. Diese Technik, die vom CRISPR/Cas9-System abgeleitet ist, ermöglicht es, spezifische genetische Mutationen auf der Ebene von DNA-Basen zu korrigieren. «Beacon» ist die weltweit erste klinische Studie, bei der diese Methode zur Modifizierung von HSCs eingesetzt wird. HSCs sind Zellen, die für die Behandlung von Blutkrankheiten wie der Sichelzellenanämie, einer schweren genetischen Erkrankung, von der Millionen von Menschen betroffen sind, von entscheidender Bedeutung sind.

10 📌 Mehr Resilienz und bessere Kommunikation für Jugendliche

Die in Kenia durchgeführte "mSELY"-Studie untersucht die Auswirkungen von digitalen Toolkits auf die psychische Gesundheit von Teenagern und ihren Eltern. Die Version für Teenager hilft den Probanden, sich selbst einzuschätzen, Resilienz zu entwickeln und positive soziale Bindungen aufzubauen. Die Version für Eltern bietet Erziehungsstrategien, um die Kommunikation mit ihren Kindern zu verbessern und ihre Elternrolle zu stärken. Etwa 600 Teilnehmer sind an diesem Projekt beteiligt.

11 📌  Mehr Entspannung bei Autismus

"Guess What" lautet die Studie, bei der es um ein Handyspiel geht, welches das Zusammenleben von Erwachsenen und autistischen Kindern verbessern soll. Ziel ist es, den elterlichen Stress zu senken und gleichzeitig die Symptome des Autismus zu lindern, welche die soziale Integration der Kinder einschränken. An der Studie nehmen etwa 1000 autistische Kinder im Alter von 2 bis 8 Jahren teil. Das Spiel sammelt Daten und nutzt künstliche Intelligenz, um autismusbezogene Signale zu analysieren und die Erfahrung anzupassen, um das Engagement der Nutzer zu erhöhen.

Quelle: Diese Studien könnten demnächst die Medizin verändern

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Zur Originalstudie in nature:
Carrie Arnold, Paul Webster, Natalie Healey: Eleven clinical trials that will shape medicine in 2025, in: «Nature Medicine», December 2024.
doi: 10.1038/s41591-024-03383-y

💬 Über unseren Tellerrand

1️⃣ Schlafentzug - von Rekorden und Risiken

Wie lange kann ein Mensch wach bleiben, ohne ernsthafte gesundheitliche Risiken einzugehen? Ingenieur.de untersucht in einem unterhaltsamen Artikel die Auswirkungen von Schlafentzug auf den Körper und das Gehirn. Schlafmangel kann zu kognitiven Beeinträchtigungen, Stimmungsschwankungen und langfristigen gesundheitlichen Problemen führen. Die Forschung zeigt, dass ausreichender Schlaf unerlässlich für das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit ist. Dokumentiert ist der Rekord-Wachzustand von Tony Wright, der es 2007 auf rund 266 Stunden brachte. Er gab an, nach vier Tagen einen neuen Bewusstseinszustand erreicht zu haben, der mit einem Rausch aber bei höchster Konzentration zu vergleichen sei. Mehr zu dem Rekordhalter im Spiegel.

2️⃣ Erbsenkleine Schätze

Kurios: Gallensteine bei Rindern sollen doppelt so wertvoll sein wie Gold. Laut Onlineportal t3n sind Gallensteine von Rindern erstaunlich wertvoll - das lohnt sich nachzulesen: Diese kleinen, erbsengroßen Gebilde werden in der traditionellen Medizin und Kosmetikindustrie hoch geschätzt und erreichen Preise, die den Wert von Gold übersteigen. Die Nachfrage nach diesen natürlichen Schätzen wächst stetig, insbesondere in asiatischen Märkten. Das heimliche Geschäft mit Rindergallensteinen gibt es auch bei BR24 , mit einem Blick auf den Handel in Bayern.

Mehr wert als Gold: Heimliches Geschäft mit Rindergallensteinen
In Brasilien gibt es Raubüberfälle auf Schlachthöfe wegen einer wertvollen Rarität: Rindergallensteinen. Sie gelten als Heilmittel in der chinesischen Medizin. Auch in Bayern werden sie in Schlachthöfen gesammelt. Darüber will aber keiner sprechen.

3️⃣ Nachhaltiger Dünger aus Urin

Das Citizen Science Projekt "U-Cycle" untersucht, ob menschlicher Urin als nachhaltiger Dünger für Gärten verwendet werden kann. Ursprünglich für Astronauten entwickelt, wandelt das Verfahren C.R.O.P.® Urin in einen sicheren, schadstoff- und keimfreien Recyclingdünger um. Hobbygärtner in Deutschland testen diesen Dünger und diskutieren die Ergebnisse mit Forschenden1. Das Projekt wird vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrtforschung (DLR) und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.

Weiterlesen:

Nachhaltiger Dünger aus Urin
Könnte menschlicher Urin bald ein nachhaltiger Dünger für unsere Gärten werden? Genau das untersucht das Citizen Science Projekt „U-Cycle“, bei dem Hobbygärtner*innen in ganz Deutschland eingelade…

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1️⃣ Ist die Umwandlung von Atommüll konkret möglich?

Die radioaktiven Abfälle aus Kernkraftwerken könnten laut einer Studie von Experten der TU München und des TÜVs in deutlich weniger schädliche Elemente umgewandelt werden und das theoretisch schon in zehn Jahren. Die Umsetzungsstudie für den Bau einer sogenannten Transmutationsanlage wurde von der Bundesagentur für Sprunginnovationen in Leipzig (SPRIN-D) in Auftrag gegeben. Dabei wurde ein Szenario durchgespielt, bei dem die Umwandlungsanlage in einem der stillgelegten Atomkraftwerke entsteht, die in Deutschland mittlerweile als Zwischenlager für Atommüll dienen. Die mögliche Umwandlung von Atommüll in harmlosere, strahlungsärmere Substanzen könnte auch eine Lösung für das Problem der Atommüllentsorgung darstellen.

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Zur Originalpublikation:
“Umsetzungsstudie über eine beschleunigergetriebene Neutronenquelle am Standort eines ehemaligen Kernkraftwerks zwecks Produktion von Krebsmedikamenten, Fernwärme und geothermischer Energie sowie zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle”
Link zur Studie

2️⃣ Bayerische Ärztekammer fordert klimapolitisches Handeln

Die Bayerische Ärztekammer hat in einem Artikel auf aerzteblatt.de dazu aufgerufen, dringend klimapolitische Maßnahmen zu ergreifen. Sie betont die Notwendigkeit, die Gesundheit der Bevölkerung vor den negativen Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. Die Ärztekammer fordert konkrete Schritte zur Reduzierung von CO₂-Emissionen und betont die Verantwortung der Politik, die notwendigen Maßnahmen umzusetzen. In ihrem Appell weisen sie darauf hin, dass extreme Wetterereignisse, wie Hitzewellen und Überschwemmungen, bereits jetzt gravierende Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben. Sie warnen davor, dass ohne entschlossenes Handeln die Gesundheitssysteme überlastet werden könnten und fordern daher eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Wissenschaft und Gesundheitswesen, um wirksame Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

📣 Ankündigungen

1️⃣ HAWASSA CHILD - Foto-Ausstellung von Dietmar Craß, Stiftung Kinderchirurgie

„Die beeindruckenden Begegnungen mit diesen Menschen möchte man geradezu fotografisch festhalten“, so Kinderanästhesist und Hobbyfotograf Dr. Dietmar Craß über seine Eindrücke aus Äthiopien. Seit Jahren engagiert sich dieser ehrenamtlich für die Stiftung Kinderchirurgie, die in medizinisch unterentwickelten Ländern wie Äthiopien Kinder mit angeborenen Fehlbildungen des Verdauungstraktes operiert. Gemeinsam mit Melanie Graf und seiner Ehefrau Carmen (beide Fachpflegefachkräfte) bildet er das „Team Süd“ der in Leipzig ansässigen Stiftung.

Neben der Landschaft Hawassas in Äthiopien und dem Leben der Einwohner wird insbesondere die Arbeit der Stiftung Kinderchirurgie, die in dem ostafrikanischen Land seit Jahren ehrenamtlich Kinder operiert auf den ausgestellten Bildern festgehalten.

Die HAWASSA CHILD-Ausstellung war erstmals in der Uniklinik Leipzig zu sehen. Mit der Ausstellung im Klinikum Friedrichshafen soll die wertvolle Arbeit der Stiftung nun auch im Süden publik gemacht werden, erklärt Melanie Graf.

Weitere Informationen auf den Seiten der Medizin Campus Bodensee

Mehr Informationen zum Fotografen

📅 Wann: 12. Februar bis zum 12. Mai 2025

📍 Wo: Klinikum Friedrichshafen | Medizin Campus Bodensee, Ambulanz der Klinik für Kinder und Jugendliche bzw. Kapellenflur des Klinikums, Röntgenstraße 2, 88048 Friedrichshafen

2️⃣  Bundeskongress Chirurgie 2025 - „Besser heilen – ambulant operieren“

Der Kongress ist Treffpunkt für niedergelassene Chirurginnen und Chirurgen. Neu in diesem Jahr sind die Themen Medizinische Informatik und Künstliche Intelligenz sowie die Chirurgie von Kriegsverletzungen.

📅 Wann: 21. und 22. Februar 2025

📍 Wo: Nürnberg Convention Center,  Messezentrum 2, 90471 Nürnberg

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