🗞 36/2025
Vernetzte Spitzenmedizin · Klebeeffekt nach Medizin-Studium · Europäische Leitlinie Atemwegsinfekte bei Blutkrebspatient:innen · Superzellen-Gewitter nehmen dramatisch zu · Insulinpreise in Europa sinken
📌 5 weekly picks
1 📌 Vernetzte Spitzenmedizin
Das deutsche Gesundheitswesen macht einen großen Schritt in die Zukunft: Mit Beginn der dritten Förderphase des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM) arbeiten alle 37 Unikliniken in Deutschland enger zusammen als je zuvor. Ziel ist es, einen einheitlichen Datenraum zu schaffen, in dem Forschende und Ärzt:innen gemeinsam neue Therapien entwickeln und testen können – schneller, digitaler und praxisnäher. Was mit der Corona-Forschung begann, wird jetzt auf viele andere Bereiche ausgeweitet: Von Intensivmedizin über Infektionskrankheiten bis hin zu seltenen Erkrankungen. Auch das Robert Koch-Institut, Helmholtz-Zentren und andere Forschungspartner sind Teil des Netzwerks, das zunehmend zur nationalen Schaltzentrale für klinische Studien wird. Über 80 Millionen Euro fließen in den kommenden Jahren in digitale Infrastrukturen, Studienzentren und Datenplattformen. Entstehen soll ein zukunftsfähiges Forschungsökosystem – mit dem Ziel, für künftige Gesundheitskrisen besser gewappnet zu sein.
Das heißt für Patient:innen: Medizinische Erkenntnisse sollen schneller am Krankenbett ankommen. Und für die Forschung: Bessere Daten, bessere Studien, bessere Versorgung. Zudem wird es einfacher, seltene Erkrankungen zu erforschen, da große, vernetzte Datenmengen helfen, Muster zu erkennen, die lokal oft verborgen bleiben.
👉 weiterlesen: https://www.netzwerk-universitaetsmedizin.de/
🔗 Quelle der Meldung: idw-online.de
2 📌 Wo Ärzt:innen fehlen – und wie man das ändern könnte
Mehr Studienplätze für Medizin, um dem Ärztemangel zu begegnen – das klingt sinnvoll. Eine neue Analyse des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) zeigt allerdings sehr große regionale Unterschiede in der Ärzt:innenverteilung und eine interessante Korrelation: Bundesländer, die mehr Medizinstudienplätze anbieten, profitieren langfristig auch bei der ärztlichen Versorgung. Denn: Wer in der Region studiert, bleibt oft auch dort. Deshalb ist es wichtig, gezielt dort neue Studienplätze zu schaffen, wo der Ärztemangel am größten ist. Das könnte langfristig helfen, Versorgungslücken zu schließen – vor allem auf dem Land oder in strukturschwachen Regionen. Die Ergebnisse der Untersuchung stützen die These des Klebeeffekts, dass Regionen, in denen eine medizinische Fakultät beheimatet ist, auch bessere Quoten im Verhältnis Ärzt:innen pro 100.000 Einwohner hat. So profitieren neben Metropolen wie Hamburg, Berlin oder München auch die Regionen um Heidelberg, Freiburg und Lübeck besonders vom Nachwuchs in der Region. In Brandenburg und Bremen gibt es hingegen bislang kein staatliches Studienangebot für angehende Ärztinnen und Ärzte.
Interessant: Selbst bei einem moderaten Ausbau der Studienplätze in den letzten Jahren hat sich die Verteilung kaum verbessert. Die Experten fordern nun eine „regional differenzierte Studienplatzvergabe“ und gezielte Investitionen in neue Fakultäten – auch abseits der großen Unistädte. Eine weitere Idee: Medizinische Stipendien mit Rückzahlungsverpflichtung in ländlichen Regionen oder neue digitale Lehrformate, die ein Studium wohnortnah ermöglichen. So könnte es gelingen, den Ärztemangel langfristig zu bekämpfen.
Hachmeister, Cort-Denis: DatenCHECK 8/2025: Medizinstudienplätze in den deutschen Bundesländern – veröffentlicht auf https://www.hochschuldaten.de
3 📌 Atemwegsinfekte bei Blutkrebspatient:innen: Neue europäische Empfehlungen
Für Menschen mit Blutkrebs können schon harmlose Erkältungen lebensbedrohlich werden. Denn ihr Immunsystem ist durch Krankheit und Therapie stark geschwächt – insbesondere nach einer Stammzelltransplantation. Eine aktualisierte europäische Leitlinie gibt nun erstmals einen umfassenden Überblick über Diagnostik, Prävention und Therapie von Atemwegsinfektionen bei diesen Patient:innen.
Unter der Leitung von Prof. Dr. Marie von Lilienfeld-Toal von der Ruhr-Universität Bochum wertete ein internationales Forschungsteam aktuelle Studien von 2014 bis 2024 aus. Berücksichtigt wurden u. a. Adeno-, Influenza-, Corona-, Metapneumo-, Parainfluenza- sowie RS- und Rhinoviren.
Die Empfehlungen: Für Influenzaviren sollen inaktive Impfstoffe und frühzeitige antivirale Therapien genutzt werden. Für das Respiratory Syncytial Virus (RSV) können neue Impfstoffe – etwa Nirsevimab – bei kleinen Kindern sinnvoll sein. Für stark immunsupprimierte Erwachsene werden antivirale Medikamente wie Ribavirin und Immunglobuline empfohlen. Auf eine generelle Prophylaxe wird hingegen verzichtet – die Evidenzlage ist zu dünn.
Wichtig ist laut Leitlinie auch der bewusste Umgang mit Hygienemaßnahmen und eine individuelle Risikoabschätzung. Kortison sollte sparsam eingesetzt werden, um die Immunfunktion nicht zusätzlich zu schwächen. Hausärzt:innen, Ambulanzen und Angehörige spielen eine zentrale Rolle, da viele Infekte im Alltag und nicht in der Klinik entstehen.
Marie von Lilienfeld-Toal et al.: Community-acquired Respiratory Virus Infections in Patients with Haematological Malignancies or Haematopoietic Cell Transplantation: Updated Recommendations From the 10th European Conference on Infections in Leukaemia (ECIL-10), in: The Lancet Infectious Diseases, 2025, DOI: 10.1016/S1473-3099(25)00365-2
4 📌 Superzellen-Gewitter nehmen dramatisch zu – besonders im Alpenraum 🌩️
Forschende der Universität Bern und ETH Zürich haben mithilfe einer hochauflösenden Klimasimulation herausgefunden, dass sich bei einer globalen Erwärmung von 3 °C Superzellen-Gewitter in Europa um durchschnittlich 11 % häufen – im Alpenraum sogar um bis zu 52 % auf der Alpennordseite und 36 % auf der Südseite.
Die neue digitale Sturmkarte zeigt erstmals in 2,2 km Auflösung, wie und wo sich Superzellen in Europa künftig entwickeln könnten – mit klaren Hotspots im Alpenraum. Superzellen zählen zu den gefährlichsten Gewittern: Sie bringen extreme Starkregen, Hagel und Wind – und verursachen überdurchschnittlich viele Schäden an Infrastruktur, Landwirtschaft und Eigentum sowie Gefahren für die Bevölkerung. Diese Studie liefert erstmals eine präzise räumliche Risikoabschätzung – für Katastrophenschutz, Versicherungen und Stadtplanung.
„Je besser wir verstehen, unter welchen Umständen diese Stürme entstehen, desto besser können wir uns dagegen wappnen“, sagt Dr. Monika Feldmann vom Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern.
Feldmann F, Blanc M, Brennan KP, Thurnherr I, Velasquez P, Martius O, Schär C. 2025. European supercell thunderstorms—A prevalent current threat and an increasing future hazard. Science Advances. DOI: external page 10.1126/sciadv.adx0513
Pressemitteilung er ETHZ: Rising temperatures intensify supercell thunderstorms in Europe
5 📌 Insulinpreise in Europa sinken dank Biosimilars
Gute Nachrichten für Diabetiker:innen in Europa: Eine internationale Studie, veröffentlicht in BMJ Open, zeigt, dass die Einführung von Biosimilars die Preise für Insulin glargin in 28 europäischen Ländern deutlich gesenkt hat – im Schnitt um 21,6 % zwischen 2013 und 2023. Die Forscherteams aus Mailand, Genf und Amsterdam analysierten Preisentwicklungen in 27 EU-Staaten sowie in Island, Norwegen, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Deutschland, Luxemburg und Malta konnten wegen fehlender Daten nicht berücksichtigt werden.
Besonders interessant: Der Markteintritt von Biosimilars führte nicht nur kurzfristig zu Preissenkungen, sondern auch langfristig zu dauerhaft niedrigeren Preisen des Originalpräparats (z. B. Lantus). Trotz teils großer Preisunterschiede zwischen den Ländern – in Italien und der Schweiz kostet Insulin fast doppelt so viel wie in Frankreich – war der Effekt durchweg positiv. In Österreich betrug die Preisdifferenz zwischen Original und Nachahmer sogar 40 %. In Spanien dagegen lagen die Preise aller Varianten (Lantus, Abasaglar, Semglee) auf gleichem Niveau.
Ein überraschendes Ergebnis der Studie: Es gibt keine Korrelation zwischen Insulinpreisen und wirtschaftlicher Stärke eines Landes. Vielmehr scheinen nationale Gesundheitspolitiken – etwa Vergabe- und Erstattungsregeln – ausschlaggebend für Preisgestaltung und Einsparpotenziale zu sein.
Fazit: Biosimilars haben sich als effektives Instrument zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen etabliert. Laut einem früheren Bericht aus 2022 könnten sie europaweit Einsparungen von über 30 Milliarden Euro ermöglichen.
🔗 Quelle: Medscape UK
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Tag des offenen Denkmals: Ein Blick in die ehemalige Frauenklinik
Über 200.000 Münchner:innen erblickten hier das Licht der Welt: Die 1916 eröffnete und seit 2023 geschlossene Universitätsfrauenklinik in der Maistraße öffnet einmalig ihre Türen. Geführte Rundgänge führen durch Bibliothek, Hörsaal, Kirche und Kreißsaal. Die Rundgänge geben spannende Einblicke in die Geschichte der Frauenklinik und ihre Nutzung. Außerdem besteht die Möglichkeit, exklusive Foto- und Videoaufnahmen im Gebäude zu machen.
Bitte beachten Sie: Die Rundgänge sind nicht barrierefrei, die Teilnehmerzahl ist auf maximal 20 Personen pro Führung begrenzt. Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich und aus organisatorischen Gründen auch nicht möglich. Vor Ort stehen keine Toiletten zur Verfügung.
📅 Wann: Sonntag, 14. September 2025, Führungen um 13:00, 15:00 und 17:00 Uhr
📍 Wo: Maistraße 11, 80337 München
📣 Ankündigungen
1️⃣ 17. APOLLON Symposium: Sichere Gesundheitsversorgung in unsicheren Zeiten
Hochkarätige Expert:innen diskutieren innovative Ansätze für eine starke und zukunftsfähige Gesundheitsversorgung – mit Vorträgen, Breakout-Sessions und Preisverleihung. Teilnahme kostenfrei, Anmeldung online.
📅 Wann: Freitag, 26.09.2025, 09:00–16:30 Uhr
📍 Wo: Online via Zoom
👉 Weitere Informationen und Anmeldung
2️⃣ Deutscher Hautkrebskongress
Hautkrebs ist weiter auf dem Vormarsch. Seit Jahren steigt die Zahl der Hautkrebserkrankungen immer weiter an und wird in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen, wenn die Prognosen sich als richtig erweisen
📅 Wann: 10. - 13. September 2025
📍 Wo: Essen
👉 Alle Informationen sowie das Tagungsprogramm unter: ado-kongress.de
Den aktuellen Arztreport 2025 „Hautkrebsdiagnosen explosionsartig auf dem Vormarsch“ lesen Sie hier.
3️⃣ KUNST GRENZENLOS 2025 – Ausstellung in München
Vielfältige künstlerische Arbeiten von Menschen mit Fluchterfahrung laden zum Dialog und zur Begegnung ein. Ein integratives Kulturangebot der Malteser Werke unter dem Motto „Kunst tut gut“.
📅 Wann: 17. bis 31. Oktober 2025
📍 Wo: Gasteig, Fatcat Künstlerkollektiv, Kellerstraße 8a, 81667 München
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